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Houthis:
Terroristen oder Revolutionäre? Eine Gegendarstellung zum westlichen Bild der Houthis. Rune Agerhus
Die Houthis gelten im Westen als religiöse Fanatiker. Im Jemen hingegen genießen sie eine breite Unterstützung in der Bevölkerung, weshalb die Bewegung eher als nationale Befreiungsbewegung bezeichnet werden sollte, schreibt der dänische Aktivist Rune Agerhus. Seit der von den Houthis geführte Machtübernahme im Jemen im Jahr 2014 hat die westliche Welt bewusst versucht, die Bewegung entweder als vom Iran unterstützte Gruppe oder als Rebellenmiliz darzustellen. Beide Behauptungen sind tatsächlich falsch. Westliche Medien behaupten, dass der Iran regelmäßig Waffen und Raketen in jemenitisches Gebiet schmuggelt und dass die Houthis vom Iran gesteuert werden. Oftmals wird die Bewegung im Zusammenhang mit terroristischen Organisationen erwähnt.
1990er Jahre bis 2011 Der Gründer und erste Anführer der Houthis, Sayyed Hussain Badreddin al-Houthi, gründete bereits in den 1990er Jahren die Bewegung der gläubigen Jugend, um auf die Korruption in der Regierung und die exzessive Gewalt in der nordjemenitischen Regionen aufmerksam zu machen. Zu dieser Zeit war Sayyed Hussain Abgeordneter im jemenitischen Parlament und arbeitete gegen die Herrschaft des ehemaligen Diktators Ali Abdullah Saleh. Saleh holte sich schnell Informationen über Sayyed Hussains politische Aktivitäten ein. Er behauptete, Hussain erhalte finanzielle Unterstützung aus dem Iran und beschuldigte ihn des Aufrufs zur Gewalt. Sayyed Hussain wurde im Jahr 2004 von Regierungskräften in einer Höhle brutal hingerichtet. Von nun an übernahm sein Bruder Sayyed Abdel Malek die Position seines älteren Bruders. Der Präsident startete allein zwischen 2004 und 2009 sechs Militäroffensiven gegen die Bewegung. Diese Angriffe wurden von den USA und Saudi Arabien unterstützt. Die Houthi Ansarullah-Bewegung war in ihrem Kern jedoch niemals gewalttätig und auch nicht bewaffnet. Sie begann als eine Bewegung, die sich mit verschiedenen Themen befasste, darunter Korruption oder die miserablen Frauenrechte im Land. Die Houthis finanzierten verschiedene Initiativen, um die Qualität der Gesundheitsversorgung, der Schulen und der Infrastruktur in den von ihnen kontrollierten Regionen zu verbessern. Dafür erhielten sie sehr viel Zuspruch aus breiten Teilen der Bevölkerung. Das war vor sechs Jahren.
Houthis gegen religiösen Extremismus Eines der Hauptziele der Bewegung war ab diesem Zeitpunkt eine Initiative gegen den religiösen Extremismus. Die Region sah sich bereits seit langer Zeit durch wachsenden Extremismus bedroht. Ein Problem, das die saudische Regierung nicht in Angriff nehmen wollte. Der Jemen hatte sich lange mit dem Extremismus in seinem Land beschäftigt, der hauptsächlich aus Saudi-Arabien stammt. Durch die schwache jemenitische Führung konnten aus Saudi-Arabien operierende Terroristen auf jemenitisches Territorium gelangen. Unter dem von Saudi-Arabien unterstützten Präsidenten Mansour Hadi, der ab 2012 regierte, konnte die Islah-Partei frei und widerstandslos im Jemen operieren. Die Houthis äußerten sich sehr kritisch zur Wahl Hadis zum Präsidenten, der als einziger Kandidat angetreten war. Westliche Medien lobten die Wahl als demokratischen Friedensprozess. Gegendemonstrantionen in der Hauptstadt Sanaa bezeichnete man hingegen als antidemokratische Proteste.
Übernahme der Regierung Aber wie konnten die Houthis die Regierung praktisch kampflos übernehmen? Das Problem liegt in einer gemeinsamen Sorge, die alle Jemeniten teilten. Mansour Hadi wurde nicht nur von saudischen Behörden stärker bevorzugt als Saleh. Seine Regierung ermöglichte der Islah-Partei auch mehr Einfluss in der Regierung und im Parlament. Das schlimmste, was die Jemeniten befürchteten, trat damit ein. Dies führte zu einer enormen Unzufriedenheit mit der neuen Regierung und löste noch größere Proteste aus als zuvor. Und die Houthis erhielten einen enormen Zulauf. Als sich die Unzufriedenheit während der Revolution vom 21. September 2014 zuspitzte, übernahmen die Houthis die Kontrolle über die Regierung. Und dies nahezu ohne Konfrontationen mit den Sicherheitskräften. Das lag daran, dass viele Einheiten innerhalb der jemenitischen Armee Sympathien für die Houthis hegten. Auch sie waren der enormen Korruption und einem Mangel an Rechten ausgesetzt. Und so gab es eine Lösung für die Probleme, welche die jemenitische Gesellschaft seit Jahrzehnten plagen.
Weder Bürger- noch Proxykrieg? Die Houthis versicherten, dass sie sich bemühen würden, das Land in allen Aspekten zu verbessern. Natürlich hat der Sturz der saudi-loyalen früheren Regierung das saudische Regime verärgert, was zum Krieg gegen den Jemen führte. Was die Houthi Ansarullah-Bewegung erreicht hat, sollte gelobt werden, schreibt Agerhus weiter. Der Extremismus in den von ihnen kontrollierten Gebieten konnte beseitigt werden. Frauenrechte wurden verbessert, weniger Fälle von Kinderehen, weniger Gewalt. Ihr Ziel war immer, das schwache System des Jemen zu verbessern. Die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Israel und die von Saudi-Arabien geführte Allianz bezeichneten die Houthis als feindselig und wütend in ihrer Rhetorik. Dies entspricht tatsächlich der Wahrheit. Allerdings nur gegenüber den genannten Ländern, da die Jemeniten nicht mehr wirtschaftlich ausgebeutet werden möchten. Diese Ablehnung hat ihren historischen Ursprung wahrscheinlich auch in der Besetzung und Annexion der reichsten Gebiete (Groß-) Jemens im Saudi-Jemenitischen Krieg in den 1930ern: Asir, Dschazan und Nadschran. Und natürlich sprechen sich die Houthis gegen die militärische Invasion durch Saudi-Arabien aus, welche von den oben genannten westlichen Verbündeten unterstützt wird und zu einem Zusammenbruch der Infrastruktur, einer Cholera-Epidemie und Zehntausenden Toten und Vertrieben geführt hat. Die Houthis haben unzählige Male betont, dass sie zu Verhandlungen bereit sind. Sie forderten die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien auf, ihre interventionistische Politik zu beenden.
Jemen vereinter als je zuvor Man könnte argumentieren, dass der Krieg im Jemen eher ein konventioneller Krieg als ein Bürgerkrieg ist. Die Houthi Ansarullah-Bewegung, die von der großen Mehrheit der Jemeniten unterstützt wird, hat darum das Recht, sich gegen Aggression und Ausbeutung zu verteidigen. Die von Saudi-Arabien geführte Koalition ist im Kampf gegen die Houthis fatal gescheitert. Die Jemeniten sind heute als Nation vereinter als jemals zuvor. Die Houthi-Allianz mit dem ehemaligen Präsidenten Saleh ist lediglich strategischer Natur, um die saudi-arabische Invasion zu bekämpfen. Menschen aus allen Teilen der jemenitischen Gesellschaft, von allen Seiten der politischen Landschaft, haben sich in der Front gegen die Invasionstruppen zusammengetan. Und eine einheitliche Nation ist immer schwerer zu schlagen.
Keine Golf-Version der libanesischen Hisbollah Trotz der eindeutigen Anzeichen dafür, dass es sich bei diesem Krieg viel mehr um einen nationalen Kampf für Selbstbestimmung handelt, als um einen Stellvertreterkrieg, wiederholen westliche Massenmedien die falschen Anschuldigungen gegen die Houthi-Bewegung, wenn sie denn überhaupt über den Jemen-Krieg berichten. Die Houthi Ansarullah-Bewegung ist keine Golf-Version der libanesischen Hisbollah-Gruppe. Während die Hisbollah die gleichen ideologischen Prinzipien teilt wie die iranische Führung, tun dies die Houthis nicht. Obwohl der Iran im Jemen geopolitische Interessen zu haben scheint, haben die Jemeniten kein Interesse daran, sich vom Iran regieren zu lassen. Es ist auch unwahrscheinlich, dass der Iran die Houthis mit Waffen beliefert, da der Jemen vollständig abgeschottet ist und von saudi-arabischen Truppen überwacht wird. Das aktuelle politische Klima im Jemen zeigt, dass die Houthis keineswegs eine einfache Rebellengruppe sind. Sie sind gut organisiert, gut ausgebildet, können verhandeln und wissen, wie man einen Staat führt. Erfahrungen, die sie aus der Zeit mitbrachten, als sie die nördliche Region Saadah regierten. Der Begriff Houthis ist heute auch viel weiter verbreitet als früher. Sie kontrollieren praktisch das gesamte Militär des Landes, darunter die Küstenwache, die Republikanische Garde und die Luftwaffe. Die Ansarullah-Bewegung steht für die nationale Befreiung und ist tief in den Herzen und Seelen der Menschen verankert. |
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Rune Agerhus ist ein dänischer Medienaktivist und Direktor des Ansarullah Information Centers. Agerhus ist ein auf den Nahen Osten spezialisierter politischer Analyst mit Schwerpunkt auf dem Konflikt im Jemen. | |||||||||||||||||||||
Diese freie Übersetzung des Artikels von Rune Agerhus erschien am 4. Dezember 2017 auf | |||||||||||||||||||||
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