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  Die Vereinigten Staaten von Amerika treten in das Hornissennest Jemen

Es heißt, dass die gescheiterte Attacke im Flugzeug nach Detroit ein Racheakt für amerikanische Militäraktionen in dem arabischen Land war

Eric Margolis

Willkommen im arabischen Afghanistan.

Als Land, von dem aus das gescheiterte Sprengstoffattentat am Weihnachtstag auf das Flugzeug in Detroit möglicherweise seinen Ausgang nahm, wurde der Jemen in das Licht der Aufmerksamkeit des Westens gestoßen. Aus dortigen Quellen ist zu vernehmen, dass die Attacke eines jungen Nigerianers ein Racheakt sei für ausgedehnte geheime militärische Aktivitäten der Vereinigten Staaten von Amerika im Jemen.

Ich lernte lernte Jemen zum ersten Mal in der Mitte der 70er Jahre kennen. Damals überschritt dieses magische Land der wilden Stammesvölker gerade die Schwelle ins elfte Jahrhundert. Gelegen an der südöstlichen Ecke der arabischen Halbinsel war der gebirgige grüne Jemen das biblische Land der Königin von Saba und das Land, aus dem das Perfum kommt. 

Sana´a, die von einer Stadtmauer umgebene Hauptstadt, schien gerade aus 1001 Nacht zu kommen. In der Abenddämmerung wurde das Widderhorn geblasen und die Tore für die Nacht geschlossen. Draußen lagen kriegerische Stammesleute, die einem für eine Armbanduhr die Kehle durchschnitten hätten.  

Fast jeder Mann trug einen Krummdolch in seinem Gürtel und war schwer bewaffnet.

Es gab keine Hotels, daher schlief ich im Speiseraum eines der Paläste des früheren Herrschers Ahmed des Teufels, der sich ein Vergnügen daraus machte, ihm nicht genehme Leute an das Palasttor zu nageln. Der alte Ahmed verbrachte den Rest seiner Zeit mit Haschischrauchen und Vergnügungen in seinem gut ausgestatteten Harem.

Im Jahr 1990 vereinigte sich die ehemalige britische Kolonie Aden mit Nordjemen. Der Militärdiktator Ali Saleh war seit 1978 an der Macht. Salehs von den Vereinigten Staaten von Amerika gestütztes Regime wird massiver Menschenrechtsverletzungen und schwerer Korruption beschuldigt.

Die 23 Millionen Einwohner der beiden Jemen haben sich seit Jahrzehnten befehdet. Jemen lag sich auch in den Haaren mit dem Nachbarn Oman, einer faktischen Kolonie des britischen Geheimdienstes MI6.

In einer wundervollen kolonialen Prügelei bekämpften die sagenhaften SAS-Kommandos des Vereinigten Königreichs in rosarot bemalten Geländeautos (die perfekte Tarnung im Sand) die von den Jemeniten unterstützten Nationalisten, die unter „Die Roten Wölfe von Radfan“ bekannt waren. 

Natürlich verliebte ich mich in den Jemen, obwohl ich in Stammeskämpfe im Norden verwickelt, beinahe entführt und schwer krank wurde.

Um vier Uhr nachmittags ist für alle Jemeniten Feierabend. Dann sitzen sie in Gruppen beisammen und kauen zwei Stunden lang das milde Rauschmittel Qat, wobei sie albern werden und sich gegenseitig Geschichten und Witze erzählen. Qat, das wichtigste Anbauprodukt des Jemen, vermindert den Appetit, so dass die glücklichsten Jemeniten mager sind. 

Ich sah große, stattliche jemenitische Juden stolz die Straße herunter schreiten, gewandet in wallende Roben und Turbane, mit Dolchen, langen Bärten und großen silbernen Davidsternen um den Hals – eine Vision wie gerade aus dem Alten Testament. 

Heute ist der unruhige Jemen ein Zufluchtsort für militante Antiamerikaner geworden. Osama bin Ladens Vater kam aus dem Jemen. 2000 wurde der Zerstörer USS Cole im Hafen von Aden bombardiert. 

Die bekannteste militante Gruppe ist al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP), ein Zusammenschluss lokaler jemenitischer und saudischer Jihadisten, die entschlossen sind, die saudische Monarchie und das jemenitische Militärregime durch eine islamische Regierung zu ersetzen.

AQAP zählt ungefähr 100 Männer. Es handelt sich dabei nicht um einen Teil der Organisation Osama bin Ladens, sondern um eine ähnlich gesinnte lokale revolutionäre Gruppe.

Der bitter arme Jemen wird von drei Bürgerkriegen geplagt und wütenden Kämpfen zwischen sunnitischen und diversen schiitischen Sekten. Die kriegerischen Stämme des Jemen hassen jede Autorität von außerhalb, beginnend mit ihrer eigenen Regierung.

Vor kurzem gingen die Saudis mit Unterstützung der Luftwaffe, der CIA und von Spezialkräften der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Stammesangehörige der Shia Houthi im Bereich der nicht markierten Grenze in der Wüste zwischen Jemen und Saudiarabien vor.

Gerade vor dem Luftzwischenfall in Detroit töteten U.S.-Kriegsflugzeuge 50 – 100 jemenitische Stammesleute, die gegen das von den Vereinigten Staaten von Amerika gestützte Regime kämpften. U.S.-Spezialtruppen, Kampfflugzeuge und Killerdrohnen sind seit 2001 im Einsatz und ermorden jemenitische Kämpfer und regierungsfeindliche Stammesführer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemenitische Jihadisten gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zurückschlugen. 

Sogar Washington gibt jetzt zu, dass der Jemen die neue Brutstätte für antiwestliche jihadistische Aktivitäten ist. Inzwischen sind Kräfte der Vereinigten Staaten von Amerika und der NATO angeblich in Afghanistan, um al-Qaida zu bekämpfen – die schon vor längerer Zeit nach Pakistan und Jemen abgewandert ist.

Die Vereinigten Staaten von Amerika werden in den unruhigen Jemen hineingezogen, gerade während sie ihre militärischen Aktivitäten entlang des Roten Meeres in Somalia und im südlichen Kenia ausdehnen.

Auch das Vereinigte Königreich, der Iran, Saudiarabien und Ägypten mischen im Jemen mit.

Ein weiteres Hornissennest wurde losgetreten. Weitere Stiche sind zu erwarten.

 
     
  erschienen am 3. Januar 2010 in der TORONTO SUN > http://www.torontosun.com/comment/columnists/eric_margolis/2010/01/03/12329996-sun.html  
     
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