Tote
Kanarienvögel Robert C. Koehler
"Viele Leute denken, dass der Kampf um Amerika bereits verloren ist. Sie könnten nicht falscher liegen. Das ist erst der Anfang des Kampfes für Amerika und Europa. Ich fühle mich geehrt, diesen Kampf anzuführen, um mein Land vor der Zerstörung zu bewahren." So beendete der El-Paso-Killer sein weißes Vorherrschaftsmanifest, das er ins Internet stellte, kurz bevor er "hineinging" und 22 "Eindringlinge" tötete, die am vergangenen Wochenende in einem Walmart-Shop einkaufen waren. Und, wie jeder weiß, ging einen halben Tag später ein anderer bewaffneter Wahnsinniger, der eine Körperrüstung trug und eine Halbautomatik trug, auf einen Schießtrip vor einer Bar in Dayton, Ohio, und tötete neun und verletzte 26. Und ein paar Tage davor tötete ein Bewaffneter drei Menschen, darunter zwei Kinder, bei einem Fest in Gilroy, Kalifornien. Gibt es sonst noch etwas Neues? Sollen wir die Nationalhymne singen? Etwas ist schrecklich falsch in diesem Land mit fast 400 Millionen Schusswaffen - falsch über eine Lösung durch Waffenkontrolle oder erhöhte Sicherheitsmaßnahmen hinaus ... in Einkaufszentren, Schulen, Knoblauchfestivals, Kirchen, Tempeln, Synagogen und überall sonst. Amerikaner töten sich gegenseitig bei durchschnittlich einer Massenerschießung pro Tag. Wie ist das möglich? Welches Gift durchdringt die soziale Infrastruktur? Vor fast sieben Jahren, nach den schrecklichen Schüssen in der Sandy Hook Grundschule, nannte der Soziologe Peter Turchin die Massenmorde des Landes, die im Laufe des letzten halben Jahrhunderts mit schwindelerregender Geschwindigkeit zugenommen haben, "Kanarienvögel in einer Kohlenmine". Er schrieb: "Der Grund, warum wir uns Sorgen wegen der Amokläufe machen sollten, ist, dass sie Oberflächenindikatoren sind für höchst beunruhigende negative Trends, die sich durch tiefe Schichten unserer Gesellschaft ziehen." Mit anderen Worten, tragisch und erschreckend, wie solche Ereignisse an sich schon sind, sind sie auch kollektive Signale für einen tief verwurzelten Fehler in der sozialen Infrastruktur, der entdeckt und angegangen werden muss. Rassismus ist nur ein Teil davon. Waffen sind nur ein Teil davon. Betrachten Sie den Medienkonsens nach den El-Paso-Schüssen, dass es sich auch um ein "Hassverbrechen" handelte. Sollte dies den Grad der Ernsthaftigkeit erhöhen? Unschuldige Menschen sind tot, egal wie man es nennt. Zu überlegen, ob es als Hassverbrechen angesehen werden sollte, erschien mir ebenso pingelig wie darauf hinzuweisen, dass der Schütze nicht nur 22 Menschen getötet, sondern auch sein Auto illegal geparkt hat, bevor er den Walmart betrat. Hier ist, was es war: ein Verbrechen der Entmenschlichung. Bei jeder Massenerschießung, die jemals stattgefunden hat, hatte der Mörder keine persönliche Verbindung zu seinen Opfern. Diese waren keine Menschen, sie waren entweder Symbole eines sozialen Missstandes, von dem er besessen war, oder bestenfalls Kollateralschäden. Turchin nannte dies "soziale Substituierbarkeit" - eine bestimmte Gruppe von Menschen muss für ein allgemeines Unrecht herhalten, wobei sie wegen ihrer Ethnizität, Religion, Präsenz in einem Klassenzimmer oder aus anderen Gründen zu Feinden erklärt werden. Das Eingreifen hat also einen anderen Namen. Das nennt man in den Krieg ziehen. "Auf dem Schlachtfeld", schrieb Turchin, "soll man versuchen, eine Person zu töten, die man noch nie zuvor getroffen hat. Du versuchst nicht, diese bestimmte Person zu töten, du schießt, weil sie die feindliche Uniform trägt . . . Feindliche Soldaten sind sozial substituierbar." Das sind Gooks. Das sind Nips. Das sind Hadschis. Als ich nach einem Massenmord im Mai (in Virginia Beach) schrieb, bemerkte ich: "Krieg ist eine Kombination aus Entmenschlichung und dann Tötung eines Feindes zusammen mit allen Zivilisten, die im Weg stehen (alias Kollateralschaden), und anschließender Verherrlichung des Prozesses: das heißt, es ist Massenmord plus Öffentlichkeitsarbeit." Wenn wir den Krieg feiern, ihn begrüßen und verehren, feiern wir nicht die Leichen in Massengräbern oder die von Bomben zerstörten Städte und Dörfer und Hochzeitsfeste. Wir feiern nicht den radioaktiven Niederschlag, die Geburtsschäden durch abgereichertes Uran oder den unermesslich großen CO2-Fußabdruck des globalen Militärs, der zum Kollaps der Umwelt auf dem Planeten Erde beiträgt. Wir feiern nicht PTSD und die hohe Selbstmordrate bei Veteranen. Wir feiern die wehende Flagge und die Nationalhymne, den Ruhm und die Tapferkeit und den Heroismus. All dies weckt das Herz - besonders das Herz eines jungen Mannes - wie kaum etwas anderes. All das bringt mich zurück zum Manifest des El Paso-Killers. Er ging voll bewaffnet in ein Einkaufszentrum, um Mütter und Väter zu töten, die Schulbedarf für ihre Kinder kauften, um "mein Land vor der Zerstörung zu bewahren". Er spielte Krieg. Ich schätze, dass sie alle Krieg spielen, auf die eine oder andere Weise. Ob der Massenmörder ein Veteran ist oder nicht - und ein großer Teil von ihnen sind Veteranen -, sie geben ihrem Leben einen Sinn, indem sie ihre Wut und Verzweiflung in eine militärische Operation verwandeln. Wenn wir Rassismus mit der einfachen Verfügbarkeit tödlicher Waffen vermischen, verwandelt er sich in Terrorismus, d.h. in kollektiven Wahnsinn - einen Wahnsinn, der in seinem Ausmaß und seinen menschlichen Kosten nur durch den Wahnsinn des Krieges selbst übertroffen wird. Meine Frage ist also folgende: Warum können wir nicht auf nationaler Ebene darüber sprechen? Wie viele Minuten der letzten beiden demokratischen Präsidentschaftsdebatten wurden dem Verteidigungshaushalt oder Atomwaffen oder dem Phänomen des endlosen Krieges im 21. Jahrhundert gewidmet? Tulsi Gabbard, eine Veteranin, nutzte etwa eine Minute ihrer Zeit, um das Thema anzusprechen und sich klar gegen unsere Regime-Change-Kriege auszusprechen. Und sonst ... nix. Denkt jemand, dass Absperrübungen in den öffentlichen Schulen oder Sicherheitskontrollen in Einkaufszentren (ein neuer Cartoon im New Yorker zeigte eine Frau bei einer Supermarktkassa, die ihre Schuhe auszieht und sie auf das Förderband legt), uns sicher machen werden? Glaubt jemand, dass unser gegenwärtiges politisches System in der Lage ist, die Prävalenz des Krieges und der Billionen Dollar zu bekämpfen, die wir jährlich für "nationale Verteidigung" und Gefängnisse und "Grenzsicherheit" ausbluten? Hat jemand Zweifel daran, dass die Massenmorde weitergehen werden? |
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