|
||||||||||||||
Guterres,
die UNO, die Macht, die "Weisheit" der Weisen
und das Recht João Carlos Graça
Wer war portugiesischer Premierminister, als Portugal zusammen mit dem anderen NATO-Mob Belgrad bombardierte? António Guterres, natürlich! António Guterres hat, wie ich irgendwo gelesen habe, förmlich und öffentlich dagegen protestiert, dass die Menschen in den neu eingegliederten Regionen Russlands an den dortigen Präsidentschaftswahlen teilnehmen. Der Grund sei, dass es sich um eine illegale Eingliederung handele, die auf einer ebenfalls illegalen Invasion beruhe. Russland hätte also in diesem Fall die Macht, argumentierte Guterres, nicht aber das Recht auf seiner Seite. Passt das zu einem UN-Generalsekretär? Natürlich, wird der unbedarfte Leser wahrscheinlich sagen. Genau dafür gibt es ja die UNO: um allen zu zeigen, dass es jenseits der Macht, die nicht auf sie reduzierbar ist, immer auch das Recht gibt (und geben wird). Das Problem mit diesem - formal einwandfreien - Argument liegt jedoch woanders. Erinnern Sie sich an den Kosovo? Dieser wurde 1999 von der NATO besetzt, nachdem diese Allianz das damalige Jugoslawien unter verschiedenen Vorwänden, die sich später als falsch herausstellten, bombardiert und es (ohne UN-Mandat, mit schierer militärischer Macht) zum Rückzug aus diesem Gebiet gezwungen hatte. Jugoslawien hielt fast drei Monate lang dem unerbittlichen Bombardement stand, zog sich aber schließlich zurück, wenn auch zähneknirschend und nur gegen die schriftliche Zusicherung, dass der Kosovo jugoslawisches Hoheitsgebiet bleiben und nur provisorisch besetzt werden würde: "Wir haben den Kosovo nicht aufgegeben, wir geben den Kosovo nicht auf", erklärte Slobodan Milosevic damals öffentlich. Der Kosovo war Teil einer jugoslawischen Republik, Serbien, und blieb es auch, als diese und die andere verbliebene jugoslawische Republik, Montenegro, sich später rechtlich "trennten" und damit die Existenz des "einstigen" Landes der Südslawen beendeten. Serbien erkennt das Recht auf Abspaltung seiner Provinzen nicht an, und so erkannte es auch die Abspaltung des Kosovo nicht an, als dieses Gebiet später (2008, noch unter NATO-Besatzung und ohne ein entsprechendes Referendum abzuhalten) seine Unabhängigkeit proklamierte. Serbien beschwerte sich darüber beim Internationalen Gerichtshof, doch der IGH gab der serbischen Beschwerde nicht statt und argumentierte, dass auf der Seite Serbiens zwar der UN-Grundsatz des Schutzes der Integrität der Staatsgrenzen stehe, auf der Seite der kosovarischen Unabhängigkeit aber auch der UN-Grundsatz der Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. In Anbetracht dessen und obwohl es sich zugegebenermaßen um ein Ungleichgewicht handelte, entschied der Hohe Gerichtshof mehrheitlich, der Unabhängigkeit des Kosovo Recht und Serbien Unrecht zu geben. Die Ablehnung der Unabhängigkeit einer Region kann zwar intern gültig sein, aber nicht international. War die Abspaltung des Kosovo aus der Sicht des serbischen Rechts illegal? Vielleicht. Aber nicht, so erklärte der IGH, aus der Sicht des Internationalen Rechts. Nun stellt sich natürlich die Frage: Haben sich die Krim, der Donbass und die beiden anderen Provinzen Noworossijas rechtmäßig von der Ukraine abgespalten? Vom Standpunkt Kiews aus gesehen natürlich nicht. Aber aus der Sicht des Internationalen Rechts? Wenn es um das Problem der Abspaltung von Ländern geht, die sich de facto in einer kolonialen Situation befinden, aber formal nur Provinzen eines anderen Staates sind (wie es bei den damaligen portugiesischen Überseeprovinzen in Afrika der Fall war), hatte die UNO bereits 1970 entschieden, dass das entscheidende Kriterium das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer negativen Diskriminierung bestimmter Gruppen ist. Wenn der portugiesische Staat eine negative Diskriminierung der afrikanischen "Ureinwohner" praktizierte, wäre dies ein unwiderlegbares Indiz für Kolonialismus, auch wenn die damalige portugiesische Verfassung dies nicht offen proklamierte. Daher hätten Angola und Mosambik das Recht, sich abzuspalten. Handelt es sich hingegen um Gebiete, in denen die Bevölkerung die gleichen Rechte genießt wie die "normalen" Staatsangehörigen des jeweiligen Landes, wie z. B. die Korsen gegenüber den anderen Franzosen oder die Sarden gegenüber den anderen Italienern, gäbe es kein Recht auf Sezession. Korsika und Sardinien hätten also nicht das Recht, sich von Frankreich bzw. Italien abzuspalten. Nun wurde der Kosovo gerade nicht von Serbien herabgewürdigt. Im Gegenteil, es gab eine positive Diskriminierung mit dem Recht, Albanisch als regionale Ko-Amtssprache zu verwenden, so wie es heute in Spanien mit Baskisch, Galicisch und Katalanisch im Baskenland, in Galicien bzw. in Katalonien der Fall ist. Und dennoch hat der IGH den Anspruch Serbiens abgelehnt! Das bedeutet, dass den zentrifugalen politischen Tendenzen ein zusätzliches Recht eingeräumt wird, verglichen mit der Position der UN-Generalversammlung im Jahr 1970 ... Vor diesem Hintergrund stellt sich unweigerlich die Frage: Haben die Bewohner des Donbass, die bereits 2014 aufbegehrten und Sezessionsreferenden organisierten, seither die russische Sprache verboten sahen, Ziel willkürlicher Bombardierungen durch Kiews Truppen und Paramilitärs waren und alle möglichen anderen Grausamkeiten erdulden mussten, nicht viel mehr Recht auf Sezession als die Kosovaren - denen beispielsweise der Gebrauch des Albanischen von Belgrad nie verboten worden war? Im Gegenteil, das gesamte albanische kulturelle Erbe wurde durch die betont multiethnische Verfassung Jugoslawiens stets sorgfältig geschützt, und die albanischstämmige Bevölkerung kam in den Genuss verschiedener Formen positiver Diskriminierung. Und dennoch hat der IGH die Klage Serbiens abgewiesen! Und wenn dies tatsächlich so ist, wenn der IGH heute mehr für die Sezession ist als die UNO im Jahr 1970, welche Schlussfolgerungen können dann über die abtrünnigen Regionen der Ukraine und die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit ihrer Abspaltung von Kiew gezogen werden, auch ohne den IGH zu konsultieren? Und wie sind in diesem Fall die jüngsten "noblen" öffentlichen Erklärungen von António Guterres zu bewerten? Übrigens... ich habe es vorher nicht erwähnt, damit Sie es nicht wissen, aber ich kann es jetzt hinzufügen, falls es Sie interessiert: wer war 1999 portugiesischer Premierminister, als Portugal zusammen mit dem anderen NATO-Mob Belgrad und das restliche Jugoslawien bombardierte? Nun, António Guterres natürlich! Und welchen Ministerpräsidenten hatten wir Portugiesen 2008, als der Kosovo seine Unabhängigkeit ausrief? José Sócrates. Und hat Portugal den Kosovo anerkannt? Ja, natürlich haben wir das getan (im Gegensatz zu Spanien, zum Beispiel, ich frage mich, warum ...). Und hält Portugal diese Anerkennung aufrecht? Ja, natürlich! (In der Zwischenzeit, das sei am Rande bemerkt, wurde "der Glanz Portugals" auch 2003 wiederhergestellt, als Premierminister Durão Barroso den berühmten Azoren-Gipfel organisierte, der auf die kollektive Invasion des Westens im Irak abzielte. Aber das ist eine andere Geschichte). Hat irgendjemand noch Zweifel an der "Logik" oder der "Rechtschaffenheit" des internationalen Verhaltens Portugals und der berühmtesten Portugiesen? |
||||||||||||||
erschienen am 24. März 2024 auf > Strategic Culture Foundation > Artikel | ||||||||||||||
João Carlos Graça arbeitet derzeit am ISEG, Universität Lissabon. João forscht in den Bereichen Arbeitsökonomie, Entwicklungsökonomie und Sozioökonomie. | ||||||||||||||
> | < | |||||||||||||
> AKTUELLE LINKS | ||||||||||||||
Übrigens: | ||||||||||||||
In
den Sudelmedien wird so gut wie täglich über das
allerwerteste Befinden des britischen Königshauses und
dessen Verwandtschaft berichtet. Wer mit wem, wer gegen
wen usw. sind die Fragen, die uns um die Ohren geschlagen
werden. Dass es sich hier um die höchste Instanz des Landes handelt, das fernab von rechtsstaatlichen Verhältnissen für Julian Assange - übrigens ein "Untertan" aus der ehemaligen Kolonie Australien - vor den Augen der ganzen Welt die Neuauflage des mittelalterlichen Hungerturms inszeniert, bleibt unerwähnt. Dieser ungeheuerliche Bruch mit der zeitgemäßen Zivilisation beweist eindeutig, dass die sogenannte westliche "Kultur" mitsamt ihren "Werten" ("Menschenrechte", "Rechtsstaat" usw.) keinen Pfifferling wert ist, zumal deren "Hüter" zu diesen skandalösen Vorgängen schweigen. Klaus Madersbacher, antikrieg.com |
||||||||||||||
|
||||||||||||||
Im ARCHIV finden Sie immer interessante Artikel! | ||||||||||||||
Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen! | ||||||||||||||
<<< Inhalt |