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Stützpunkt an der OstflankeEin Leuchtturmprojekt der Zeitenwende: Berlin treibt feste Stationierung einer deutschen Brigade von 4.000 Soldaten in Litauen voran. Pistorius reklamiert damit Führung in Europa und in der NATO.German Foreign Policy
BERLIN/VILNIUS (Eigener Bericht) Die Bundesregierung treibt die feste Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen energisch voran. Vor wenigen Tagen beteiligte sich das Deutsche Heer an einer Militärparade in Litauen mit zwei Schützenpanzern des Typs Puma, die als Vorboten der im Aufbau befindlichen Brigade bezeichnet wurden. Kurz zuvor hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius erste Details über die Brigade bekanntgegeben. Laut Angaben seines Ministeriums ist es das erste Mal in der Geschichte der Bundeswehr, dass ein Großverband des Heeres dauerhaft im Ausland stationiert wird. Deutsche Soldaten werden künftig dauerhaft in Litauen leben ähnlich wie etwa US-Militärs in Deutschland. Die notwendige Infrastruktur für die Soldaten und ihre Familien lässt Berlin von Vilnius errichten. Die Brigade soll auf eine Stärke von gut 4.000 Militärs aufwachsen und die bereits bestehende deutsche Militärpräsenz in Litauen einbeziehen. In den kürzlich verabschiedeten Verteidigungspolitischen Richtlinien heißt es, das Vorhaben sei ein Leuchtturmprojekt der Zeitenwende. Laut dem Verteidigungsminister marschiert Deutschland damit in NATO und Europa voran.
Flagge zeigen in Litauen
Deutschlands Beteiligung an der Militärparade in Litauen sei ein starkes Signal an die litauische Öffentlichkeit gewesen, heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Heeres. Vor den Augen tausender begeisterter Litauer habe die Bundeswehr Flagge gezeigt. In Deutschland habe sie keine Gelegenheit zu Militärparaden, kommentierte der zuständige Hauptmann. Die Parade sei zudem auch eine Gelegenheit gewesen, die Verlegung von Panzertruppen nach Litauen zu erproben.[1]
Größtes Projekt in der Geschichte der Bundeswehr
Erst vor einigen Monaten hatte Berlin Vilnius die dauerhafte Stationierung einer Brigade auf litauischem Boden zugesagt. Im Oktober und im November gab Verteidigungsminister Boris Pistorius nun erstmals einen Zeitplan zur tatsächlichen Umsetzung des ihm zufolge größten Projekt[es] in der Geschichte der Bundeswehr bekannt. Eine dauerhafte Stationierung von Bundeswehrsoldaten im Ausland habe es in dieser Größenordnung bis jetzt nicht gegeben, erklärte Pistorius. Auslandseinsätze der Bundeswehr hat Berlin in den vergangenen drei Jahrzehnten zwar zum Alltag gemacht. Dass deutsche Soldaten allerdings mit ihren Familien für drei Jahre am Stück in Litauen leben werden, sei für die Bundeswehr ein neuer Schritt.[2] Um ihn zu ermöglichen, müssten die litauischen Partner zunächst die notwendige militärische Infrastruktur wie Kasernen und Truppenübungsplätze, aber auch zivile Infrastruktur wie Kitas und Schulen sowie Freizeitmöglichkeiten und berufliche Karrierechancen für die deutschen Soldaten respektive ihre Familien zur Verfügung stellen. Infrage kommen laut Verteidigungsministerium Standorte nahe der Ballungsräume Vilnius und Kaunas. Berlin gibt sich zufrieden: Unser Eindruck ist, dass Litauen gerade viel Geld und überhaupt alle Hebel in Bewegung setzt, äußert das Ministerium.[3] Die Bagger sind sichtbar, die Planierraupen sind sichtbar, das Geschehen geht voran, informierte Pistorius die Presse.[4] Auf der jüngsten Bundeswehrtagung hatte der oberste General Litauens, Valdemaras Rupys, angekündigt, dafür zu sorgen, dass Bundeswehrangehörige sich in Litauen so wohlfühlen, dass sie nicht zurück nach Hause wollen.[5]
Schritt für Schritt zur Brigadestärke
Berlin will im Laufe der nächsten Jahre insgesamt rund 4.000 Soldaten schrittweise [6] in Litauen ansiedeln sogar eher mehr als weniger [7]. Dabei kann die Bundesrepublik auf ihre vor Ort bereits bestehende militärische Präsenz zurückgreifen. 2016 hatte sie ein deutsch geführtes Bataillon in Litauen aufgestellt, die sogenannte enhanced forward Presence (eFP).[8] 2022 schickte Deutschland im Rahmen der sogenannten enhanced Vigilance Activity (eVA) der NATO einen Kommandostab für eine deutsche Brigade nach Litauen, wobei anfangs noch ausschließlich die Verlegung der Kommandostruktur nach Litauen vorgesehen war, während die Truppenteile der Brigade in Deutschland bereitgehalten werden sollten. Im Laufe der nächsten Jahre will Berlin nun auch diese bereitgehaltenen Truppen dauerhaft nach Litauen verlegen. Dabei plant das BMVg, die bereits im Rahmen der enhanced forward Presence in Litauen stationierten Truppen in die neue Brigade einzugliedern. Pistorius kündigt an, über das Jahr 2024 eine niedrige dreistellige Anzahl an Soldaten nach Litauen verlegen zu wollen mit dem Auftrag, die Stationierung der ganzen Brigade möglich zu machen und umzusetzen. Sobald die infrastrukturellen und organisatorischen Rahmenbedingung stehen, sollen dann ab 2025 nach und nach die restlichen Soldaten folgen. Berlin plant die Litauen-Brigade in die Division 2025 einzugliedern, deren Aufstellung es im Rahmen der Abschreckungspolitik der NATO gegenüber Russland zugesichert hat.
Reale Kriegsgefahr
Neben dem Bataillon der enhanced forward Presence wird sich die Litauen-Brigade nach Angaben des BMVg aus dem Panzerbataillon 203 aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen und dem Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach in Bayern zusammensetzen. Die Brigade wird mit Schützenpanzern Puma und Kampfpanzern Leopard 2 bewaffnet sein.[9] Laut Verteidigungsministerium gibt es Gespräche mit den Niederlanden und Norwegen, ob sie sich an der deutsch geführten Brigade beteiligen. Mit der schweren Kampfbrigade beabsichtige Berlin Moskau deutlich zu machen, dass es in Litauen bereit sei zu kämpfen, erklärt Pistorius.[10] Die Brigade soll entsprechend kampfkräftig [11] und jederzeit einsatzbereit sein. Ihr offizieller Auftrag ist es, im Falle eines Angriffs Russlands im Baltikum NATO-Gebiet zu verteidigen. Sollte der Krieg in der Ukraine sich auf den Ostseeraum ausweiten, wäre Deutschland unmittelbar betroffen, urteilen regierungsnahe Experten.[12] In Deutschland müsse man sich an den Gedanken gewöhnen, dass die reale Gefahr eines Krieges drohen kann, bekräftigt der Verteidigungsminister.[13]
Führung in Europa und in der NATO
Die deutsche Brigade in Litauen sei ein Leuchtturmprojekt der Zeitenwende, heißt es im neuen Grundsatzdokument der deutschen Militärpolitik, den Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023.[14] Die Einheit und ihre Stationierung an der NATO-Ostflanke unterstreiche den Gestaltungsanspruch Berlins im Bündnis. Mit der Brigade will Pistorius vor allem zeigen, dass wir voran gehen. Bisher habe kein anderes NATO-Land ein vergleichbares Vorgehen angekündigt.[15] Mit dem Projekt sieht der Minister Deutschland an der Spitze dessen, was man tun kann.[16] Ihm zufolge zeigt Deutschland mit der Brigade echte und sehr konkrete Führung in Europa und in der NATO.[17]
[1] Parade in Litauen: Schützenpanzer Puma fahren durch Vilnius. Pressemitteilung des PIZ Heer, 25.11.2023. [2] Pressestatement Pistorius. Video, einsehbar unter Litauen: Neuaufstellung einer deutschen Kampfbrigade für die Ostflanke. bmvg.de 11.10.2023. [3] Die Brigade Litauen soll jederzeit einsatzbereit sein. tagesschau.de 11.10.2023. [4] Pressestatement Pistorius. Video, einsehbar unter Litauen: Neuaufstellung einer deutschen Kampfbrigade für die Ostflanke. bmvg.de 11.10.2023. [5] Litauens Oberbefehlshaber: Ziel ist entschiedene Abschreckung. bmvg.de 10.11.2023. [6] Litauen: Neuaufstellung einer deutschen Kampfbrigade für die Ostflanke. bmvg.de 11.10.2023. [7] Die Brigade Litauen soll jederzeit einsatzbereit sein. tagesschau.de 11.10.2023. [8] S. dazu Vormarsch nach Osten. [9] Kampftruppenbataillone für Brigade Litauen aus Nordrhein-Westfalen und Bayern. bmvg.de 08.11.2023 [10] Pistorius im Interview bei Nachgefragt vom 11.10.2023, einsehbar auf youtube.com/bundeswehr. [11] Kampftruppenbataillone für Brigade Litauen aus Nordrhein-Westfalen und Bayern. bmvg.de 08.11.2023. [12] Von Forward Presence zu Forward Defense. DGAP Policy Brief. Berlin, Juni 2023. [13] Keynote von Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der NATO Talk Konferenz. bmvg.de 08.11.2023. [14] S. dazu Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime. [15] Kampftruppenbataillone für Brigade Litauen aus Nordrhein-Westfalen und Bayern. bmvg.de 08.11.2023. [16] Pistorius im Interview bei Nachgefragt vom 11.10.2023, einsehbar auf youtube.com/bundeswehr. [17] Die Brigade Litauen soll jederzeit einsatzbereit sein. tagesschau.de 11.10.2023. |
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erschienen am 6. Dezember 2023 auf > GERMAN-FOREIGN-POLICY > Artikel | ||||||||||||||
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