Zinserhöhungen:
Frontalangriff auf den Mittelstand Ernst Wolff
Die EZB
hat den Leitzins am vergangenen Mittwoch zum ersten Mal
seit elf Jahren angehoben, und zwar von null auf 0,5
Prozent. Nur einen Tag später hat die Federal Reserve
ihren Leitzins um weitere 0,75 Prozent auf 2,25 Prozent
hochgesetzt.
Begründet
werden die Maßnahmen von den Zentralbankern damit, dass
man die Inflation bekämpfen wolle. Nur zur Erinnerung:
Noch vor einigen Wochen behaupteten sowohl Fed-Chef
Jerome Powell als auch EZB-Präsidentin Christine
Lagarde, es handle sich bei der Inflation um ein vorübergehendes
Phänomen.
Da die
Inflation in den USA inzwischen offiziell bei über 9
Prozent und in der Eurozone bei über 7 Prozent liegt,
werden die Zinserhöhungen den Preisanstieg jedoch kaum
beeinflussen. Dafür werden sie ein anderes Problem
erheblich verstärken.
Die Welt
befindet sich zurzeit nämlich auf dem Weg in eine
Rezession, also einen Rückgang der
Wirtschaftstätigkeit. Da unser Wirtschaftssystem
kreditgetrieben ist, könnte man diesem Trend nur durch
eine Erleichterung der Kreditaufnahme entgegenwirken.
Zinserhöhungen bewirken aber genau das Gegenteil: Wer
höhere Zinsen zahlen muss, dem wird die Kreditaufnahme
erschwert.
Dazu
kommt, dass wir es zurzeit mit dem höchsten
Schuldenstand aller Zeiten zu tun haben und diese
Schulden ständig bedient werden müssen. Auch das wird
durch die Zinserhöhung erschwert.
Das
Handeln der Fed und der EZB erinnert an einen Autofahrer,
dessen Motor während der Fahrt zu stottern beginnt, und
der darauf reagiert, indem er ihn durch ein jähes
Bremsmanöver abwürgt. Die Zinserhöhungen, denen nach
Aussagen der Zentralbanker in diesem Jahr noch weitere
folgen sollen, haben auf die Wirtschaft die gleiche
Wirkung: Sie würgen sie ab.
Wieso?
fragt man sich. Wieso tun die Zentralbanker nicht alles,
um die Wirtschaft wieder in Gang zu bekommen?
Die
Antwort lautet: Die Zentralbanken sind seit spätestens
2007/08 zu einem Werkzeug der großen Vermögensverwalter
geworden und deren aktuelle Agenda lautet: Zerstören und
neu aufbauen.
Hier der
Hintergrund:
In der
Weltfinanzkrise von 2007/2008 mussten die großen
Zentralbanken auf BlackRock als Berater zurückgreifen,
weil BlackRock mit Aladdin über das größte
Finanzdatenanalysesystem der Welt und damit über die
meisten Insider-Informationen im globalen Finanzsystem
verfügt.
Die
Bedeutung dieses Systems hat in den vergangenen Jahren
kontinuierlich zugenommen und dazu geführt, dass es
heute fast das gesamte globale Finanzgeschehen
beherrscht. Die Vermögensverwalter mit BlackRock und
seinem Hauptaktionär Vanguard an der Spitze sind
vor allem über Aladdin zu einer in der Geschichte
der Finanzwirtschaft einmaligen Großmacht geworden und
haben dafür gesorgt, dass das globale Finanzsystem
mittlerweile ein von der Realwirtschaft fast vollständig
losgelöstes Eigenleben führt.
BlackRock
und Co. stehen zurzeit allerdings vor einem
Riesenproblem: das System, auf dem ihre Macht beruht, ist
im März/April 2020 in sein Endstadium eingetreten und
kann auf Dauer nicht mehr am Leben erhalten werden.
Deshalb verfolgen sie zurzeit eine Doppelstrategie: einerseits
lassen sie die Zentralbanken im Hintergrund ein neues
System, nämlich digitales Zentralbankgeld, vorbereiten,
andererseits nutzen sie die Endphase des noch bestehenden
Systems, um es kontrolliert zu zerstören und dabei nach
allen Regeln der Kunst zu plündern.
Der mit
Abstand größte Verlierer dieser Entwicklung ist der
Mittelstand. Großkonzerne, insbesondere die
weltbeherrschenden Plattform-Unternehmen, können auf
riesige Rücklagen zugreifen, ihren Aktienkurs über
Aktienrückkäufe künstlich in die Höhe treiben, an den
Finanzmärkten spekulieren oder durch Leerverkäufe
selbst von Kursrückgängen profitieren. Sie können die
aktuellen Zinserhöhungen daher ohne große Probleme
verkraften.
Der
Mittelstand kann das nicht. Er kann sich auf Grund seiner
beschränkten Mittel nicht an der Spekulationsorgie
beteiligen, sondern muss mit Bedacht wirtschaften, lebt
wegen der anziehenden Inflation bereits oft von der Hand
in den Mund und wird daher von den Zinserhöhungen mit
voller Breitseite erwischt.
Was
zurzeit provoziert wird, ist ein Massensterben
mittelständischer Betriebe, das noch in diesem Herbst
einsetzen wird. Für die Gesellschaft wird das fatale
Folgen haben, denn es ist der Mittelstand, der die
meisten Arbeitsplätze schafft, die meisten
Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt und die
höchsten Steuern zahlt.
Da der
Mittelstand diese Entwicklung bisher fast widerstandslos
hingenommen hat, droht unserer Gesellschaft eine für uns
alle höchst gefährliche Entwicklung. Ob sie noch zu
stoppen ist, kann niemand sagen, aber wenn wir auch
weiterhin nichts dagegen unternehmen, ist das Schicksal
unserer Gesellschaft besiegelt.
Deshalb
ist es höchste Zeit, alle Kräfte zu bündeln und uns
gegen die zerstörerische Agenda zu wehren, und zwar mit
der effektivsten Waffe, die uns zur Verfügung steht:
ruhiger, nüchterner und besonnener Aufklärung.
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