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  Um das Abkommen mit dem Iran zu verteidigen gibt Obama damit an, dass er sieben Länder bombardiert hat

Glenn Greenwald

 

Präsident Obama sprach gestern an der American University, um das Abkommen mit dem Iran zu verteidigen und ließ dabei eine unüblich direkte und aggressive Attacke gegen die Gegner des Abkommens vom Stapel. Obamas gegen die israelische Regierung und deren neokonservative Unterstützer gerichtete scharfe Kritik war genau und unbeirrt und schloss die offenkundige Tatsache ein, dass das, was diese wirklich haben wollen, Regimewechsel und Krieg sind. Über die Opposition der israelischen Regierung gegen das Abkommen sagte er: „es wäre ein Verstoß gegen meine verfassungsmäßige Verpflichtung, wenn ich gegen mein bestes Wissen und Gewissen handelte, nur weil das eine zeitweilige Verstimmung mit einem lieben Freund und Alliierten hervorruft.“

Beurteilt als Rede, war es eine beeindruckende und effektive rhetorische Verteidigung des Abkommens, was auch der Grund dafür ist, dass führende Gegner des Abkommens so hysterisch reagiert haben. Die Herausgeber von Bloomberg News – welche einen Irak-Krieg-Panikmache-Typ-Artikel nach dem anderen maskiert als „Berichterstattung“ über das Abkommen ausgespuckt haben – jammerten, dass Obama „diejenigen, die nicht mit ihm übereinstimmen, anschwärzt“ und „dass es viel besser wäre, diesen Kampf fair zu gewinnen.“ Der Anführer der Mehrheit im Senat Mitch McConnell bezeichnete sich selbst als „besonders getroffen“ und sagte, dass Obamas Rede „weit über die Grenze des zivilen Diskurses“ hinausging. Die Churchill´schen Krieger unserer Nation sind ja soo sensible Seelen: soziopathisch gleichgültig gegenüber den Leben, die sie ständig rund um die Welt auslöschen (natürlich nur weit entfernt von dort, wo sie in Komfort und Sicherheit leben), aber tief, tief getroffen – „besonders getroffen“ – durch fiese Worte, die direkt gegen sie und ihre Motive gerichtet sind. 

Außer die Gegner des Abkommens mit dem Iran genau zu beschreiben, beschrieb Obama auch sich selbst und seine eigene Bilanz des Militarismus genau. Um sich gegen Anschuldigungen zu verteidigen, dass er die Terroristen liebt, brüstete er sich:

Als Oberbefehlshaber habe ich nicht davor zurückgeschrckt, Gewalt zu benutzen, wenn es nötig war. Ich habe Zehntausenden jungen Amerikanern befohlen, in den Kampf zu ziehen ...

Ich habe Militäreinsätze in sieben Ländern befohlen.

Unter „Militäreinsätze in sieben Ländern befohlen” meint er, dass er befohlen hat, Bomben abzuwerfen, und dass er das Leben von Tausenden unschuldiger Menschen ausgelöscht hat, in sieben Ländern, von denen alle zufällig mehrheitlich muslimisch sind.

Auf der Liste befindet sich ein Land, in dem er zweimal einen Krieg eskalierte, der im Gang war, als er inauguriert wurde (Afghanistan), ein weiteres, wo er mit großem Trara die Soldaten abzog, nur um dann eine neue Bombenkampagne zu befehlen (Irak), zwei Länder, in denen er aus seltenen Bombardierungen einen konstanten Strom amerikanischer Gewalt machte, mit Clusterbomben und „signature strikes“ („gezielte Angriffe“) (Pakistan und Jemen), einem Land, in dem er die Politik der willkürlichen Bombardierung fortsetzte (Somalia), und einem Land, in dem er einen neuen Krieg begann, sogar angesichts der Ablehnung seiner diesbezüglichen Vollmacht durch den Kongress, und es in ein tragisches heilloses Durcheinander brachte (Libyen). Nicht mitgezählt sind die Aggressionen durch Alliierte, die er genehmigte und unterstützte (in Gaza), noch die Stellvertreterkriege, die er ermöglichte (die derzeitige Verwüstung des Jemen durch Saudiarabien), noch die ganze neue Front von Cyberattacken, die er losgelassen hat, noch die Despoten, die er gestützt hat, noch die geheimen Bombardierungen, die er noch immer nicht bestätigt hat (Philippinen).

[Wie der Militärhistoriker und ehemalige Colonel der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika Andrew Becevich in der Washington Post schrieb, nachdem Obama damit begonnen hatte, Syrien zu bombardieren: „Syrien ist mindestens das 14. Land in der islamischen Welt, das die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika überfallen oder besetzt oder bombardiert haben, und in dem amerikanische Soldaten getötet haben oder getötet worden sind. Und das gerade einmal seit 1980.“ Das sind die Tatsachen, die per se die westlichen Übermenschen, die wie besessen auf der Gewalt der Moslems herumreiten, als offenkundig sich selbst etwas vormachende Idioten dastehen lassen.]

Zwei neuliche außenpolitische Schritte bilden größere Pluspunkte auf Obamas Bilanz: die Normalisierung der Beziehungen mit Kuba und die Zustimmung zu diesem Abkommen mit dem Iran. Aber, wie er selbst erst gestern stolz herumposaunt hat, das Gesamtergebnis des Friendensnobelpreisträgers 2009 ist eines der Gewalt, des Militarismus und der Aggression, das zu einem Haufen von toten Körpern unschuldiger Menschen geführt hat. Dass Obama die Notwendigkeit (oder das Verlangen) verspürt, damit anzugeben, wieviele Länder er bombardiert hat, und dass die einzige Kritik des Mainstream in der Iran-Debatte an ihm darin besteht, dass er zu ungern mehr Aggression und Gewalt benutzt, sagt sehr viel über Obama, aber noch viel mehr über die politische Kultur der Vereinigten Staaten von Amerika aus.

Und nichts von dem, was da gesagt wird, ist gut.

 
     
  Dieser Artikel erschien am 6. August 2015 auf The Intercept_ > Artikel  
  Archiv > Artikel von Glenn Greenwald auf antikrieg.com  
 
siehe dazu im Archiv:
  Jon Queally - Kriegspräsident Obama genehmigt anhaltende Luftangriffe gegen Syrien
  Ismael Hossein-zadeh - Das Chaos im Mittleren Osten und darüber hinaus ist geplant
  Daniel McAdams - Assads ‘Fassbomben’ … und unsere
  John V. Walsh - Warum sind Russland und China (und der Iran) vorrangige Feinde der herrschenden Elite der Vereinigten Staaten von Amerika?
  Jim Naureckas - ‘Gleich oft falsch wie richtig’ reicht, wenn über einen offiziellen Feind berichtet wird
  Glen Ford - Obamas Krieg gegen die Zivilisation
  John Philpot - Versagen des Internationalen Rechts und der Menschenrechtsinstitutionen: Palästina, Syrien und Irak im Jahr 2014
  Stephen Kinzer - BP im Golf – im Persischen Golf
  Dmitry Orlov - Wie man einen Krieg beginnt und ein Weltreich verliert
  Greg McInerney - Die Ruinierung Irlands
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
  William Blum - Scheinheiligkeit dieser Größenordnung verdient Respekt!
 
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