Aus der
Vergangenheit lernen: Die Geschichte liefert
Anhaltspunkte für die Annexion des Westjordanlands durch
Israel Miko Peled
Palästina wurde annektiert, besetzt, gestohlen, und Palästinenser wurden über sieben Jahrzehnte lang vom Staat Israel enteignet, ins Exil geschickt, in Käfige gesperrt, gefangen gehalten, einem Apartheidregime unterworfen und getötet. Alle paar Jahre wacht die Welt auf, um gegen irgendeinen Aspekt der israelischen Apartheid, der Besatzung oder eines Massakers zu protestieren, und kehrt dann wieder zurück in ihren sicheren Tiefschlaf. Ab und zu gelingt es Israel, die Angst der Europäischen Union und anderer internationaler Organisationen mit der einen oder anderen Ankündigung, einem mörderischen Angriff auf die Palästinenser, einer Annexions- oder "Souveränitätserklärung" zu wecken, und dann, wie unter dem Einfluss eines Zauberspruchs, verschwindet die Angst genauso schnell wieder, wie sie entstanden ist. Was gewöhnlich folgt, ist eine lange Prozession von Weltführern, die Israel besuchen oder den israelischen Premierminister in ihre Hauptstadt einladen, um ihm und dem so genannten jüdischen Staat ihre Liebe und ihren Respekt zu erweisen. Dieses Mal scheint es nicht anders zu sein. Die israelische Annexion des palästinensischen Jordantals hat den Unmut der Welt hervorgerufen. "Eine Verletzung der Menschenrechte", sagt Michelle Bachelet, die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte. Wir hören, dass es eine Verletzung des Völkerrechts und das Ende der Friedensperspektive ist, als sei dies beispiellos und als sei es unerwartet. Es war schon lange klar, dass Israel einen Teil des Westjordanlandes annektieren würde, und es war offensichtlich, dass das Jordantal - der östliche Teil des Westjordanlandes - am ehesten als erstes dran sein würde. Die Annexion des gesamten östlichen Teils des Westjordanlandes bedeutet, dass die Palästinenser von der internationalen Grenze zu Jordanien abgeschnitten und auf allen Seiten von Israel umgeben sein werden. Israel will Zugang zu diesem Land, auf dem die Palästinenser im Westjordanland derzeit rund 50 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse produzieren, und will vollständigen Zugang zum Jordan.
Was wird es bedeuten? Was genau ist die Souveränitäts- und Annexionserklärung? Niemand scheint das sicher zu wissen. Israelische Militärexperten geben zu, dass sie nicht über die Einzelheiten des Schrittes informiert waren. Israelische Politiker sind vage, und Palästinenser, nun ja, niemand hat mit ihnen gesprochen, und auf jeden Fall ist es den Menschen in den Machtpositionen egal, was sie denken. Saeb Erikat, der immer noch den Titel des palästinensischen Chefunterhändlers innehat, sagte in einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender Ynet, dass "die Situation sehr ernst ist". "Ich habe sie noch nie so ernst gesehen, wie ich sie jetzt sehe." Ein Großteil der israelischen Presse konzentriert sich darauf, wie die potenzielle palästinensische Reaktion aussehen könnte, insbesondere ob Israelis mit Gewalt rechnen müssten. Angesichts der Tatsache, dass die Palästinenser seit mehr als sieben Jahrzehnten Opfer israelischer Gewalt sind, ist das eine zynische Frage. Wie aus einem Treffen der höchsten israelischen Sicherheitschefs durchgesickert ist, ist die Antwort auf diese Frage jedoch unklar. Während die Armee und die Chefs von Shabak (Israels Geheimpolizei) behaupten, es werde eine gewalttätige Reaktion geben und die Israelis würden einen Anstieg des "Terrorismus" erleben, behauptet der Mossad-Chef, dieses Szenario sei unwahrscheinlich. Wie dem auch sei, Israel hat sich nie sonderlich darum gekümmert, was die Palästinenser denken, und kümmert sich nicht um ihre Reaktionen. Premierminister Benjamin Netanjahu wusste nur allzu gut, wo seine Unterstützung in den Vereinigten Staaten von Amerika liegt, und hielt eine Rede vor Christians United for Israel (CUFI). CUFI gehört zu den größten pro-israelischen Gruppen in den Vereinigten Staaten. Netanjahu sprach von der Annexion von in biblischen Begriffen. Er sprach von biblischen Ländern und von dem, was er "die israelische Souveränität über jüdische Gemeinden" nannte. Er wies auch darauf hin, dass diese Gebiete auch ein Teil dessen sind, was er "christliche Identität" nannte, und Teil "unserer gemeinsamen Zivilisation". Seine Rede, wie auch frühere Kommentare, die er zu diesem Thema von sich gegeben hat, machte nicht klar, was die Annexion mit sich bringen wird.
Wer die Annexion wünscht Israels einflussreichster politischer Block, der als rechter Block bekannt ist, will, dass das gesamte palästinensische Westjordanland annektiert wird und dass die israelische Souveränität über alle seine jüdischen Siedlungen erklärt wird. Die politische Rechte Israels besteht weitgehend, wenn auch nicht ausschließlich, aus religiösen Zionisten, und die Besiedlung des Westjordanlandes hat für sie oberste Priorität. Die Annexion wird ihnen nicht nur einen politischen Auftrieb geben, sondern auch den Bau neuer jüdischer Siedlungen erheblich erleichtern. Während heute der Bau neuer jüdischer Siedlungen im Westjordanland vom Premierminister genehmigt werden muss, wäre dies nach der Souveränitätserklärung Israels eine Angelegenheit der Kommunalverwaltungen.
Aus der Vergangenheit lernen 1948 wurde der westliche Teil Jerusalems von israelischen Streitkräften erobert, und palästinensische Einwohner wurden gewaltsam ins Exil geschickt. Kein einziger Palästinenser durfte bleiben oder zurückkehren, und über Nacht wurde die Stadt zur Hauptstadt Israels. Die Welt stand damals still, und sie stand still, als 1967 der östliche Teil der Stadt eingenommen wurde. Dann, 1980, verkündete Israel seine Souveränität über Ost-Jerusalem, oder mit anderen Worten, annektierte den östlichen Teil der Stadt. Der UN-Sicherheitsrat reagierte darauf mit der Verabschiedung der Resolution 476, in der unter anderem bekräftigt wurde, dass "der gewaltsame Erwerb von Territorium unzulässig ist". In der Resolution hieß es, der Sicherheitsrat sei "ernsthaft besorgt über die gesetzgeberischen Schritte, die in der israelischen Knesset mit dem Ziel eingeleitet wurden, den Charakter und den Status der Heiligen Stadt Jerusalem zu verändern". Darüber hinaus stellte er fest, dass er "die anhaltende Weigerung Israels, der Besatzungsmacht, den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates und der Generalversammlung nachzukommen, zutiefst bedauert". Er bekräftigte ferner, dass "alle derartigen Maßnahmen, die den geographischen, demographischen und historischen Charakter und Status der Heiligen Stadt Jerusalem verändert haben, null und nichtig sind und in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates aufgehoben werden müssen". Ein Jahr später, 1981, erklärte Israel seine Souveränität über die syrischen Golanhöhen. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete die Resolution 497, in der es unter anderem heißt, dass es erneut "bekräftigt, dass der gewaltsame Erwerb von Territorium im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsätzen des Völkerrechts und den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates unzulässig ist". Der Sicherheitsrat erklärt, dass er "beschließt, dass die israelische Entscheidung, seine Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltung in den besetzten syrischen Golanhöhen durchzusetzen, null und nichtig und ohne internationale Rechtswirkung ist. Er fordert sogar, dass "Israel, die Besatzungsmacht, seine Entscheidung unverzüglich aufhebt". Israel hat sich natürlich nicht an die UN-Resolutionen gehalten, und es wurden keine Maßnahmen ergriffen, um Israel zu sanktionieren.
Es gibt kein eigentliches Israel 1948 gründete die zionistische Bewegung den Staat Israel in Palästina. Bis zum Jahresende waren 78 Prozent von Palästina zu Israel geworden, und fast eine Million Palästinenser wurden gewaltsam ins Exil geschickt. Der Rest Palästinas wurde 1967 zu Israel. Israel hat alles annektiert, besetzt, eingenommen, zerstört, gebaut und umbenannt, von einzelnen Häusern und Grundstücken über öffentliche Plätze bis hin zu historischen Denkmälern. Und es hat weder die Absicht noch einen Grund, damit aufzuhören. Es geht hier nicht darum, dass ein "richtiges Israel" etwas tut, das illegal ist. Es ist ein illegales Gebilde, das sich in Palästina niedergelassen hat und seine illegale Tätigkeit fortsetzt. Der Wettlauf um die Schaffung des mythischen Groß-Israel in Palästina, mit dem neuen Tempel anstelle der Al-Aqsa-Moschee in seinem Zentrum, geht mit voller Kraft weiter. Es ist ein nie endendes Projekt, das gut finanziert, gut geplant und sehr gut ausgeführt wird. Nur Isolierung, Boykott, Sanktionen und Entzug von Investitionen sind in der Lage, es zu stoppen und Palästina zu retten. |
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erschienen am 30. Juni 2020 auf > MintPress News > Artikel | ||||||||||||||
Miko Peled ist ein in Jerusalem geborener Autor und Menschenrechtsaktivist. Er ist der Autor von "Der Sohn des Generals", Reise eines Israeli in Palästina" und "Ungerechtigkeit, die Geschichte der Holy Land Foundation Five". | ||||||||||||||
> Der leuchtende Haufen Scheiße auf dem Hügel | ||||||||||||||
> Update zu "Das 9/11-Verbrechen" | ||||||||||||||
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