Corona-Virus:
Schwarzer Schwan fürs globale Finanzsystem? Ernst Wolff
Während die chinesische Führung mit allen Mitteln versucht, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und den Eindruck zu erwecken, sie habe die Epidemie im eigenen Land im Griff, greifen ihr globale Gesundheitsorganisationen wie die WHO, unterstützt von Politik und Medien, bereitwillig unter die Arme: Sie behaupten fast einstimmig, die Kommunistische Partei Chinas handle der Situation angemessen und es gebe keinen Anlass zur Sorge. Wichtige Schützenhilfe hat diese Allianz der Beschwichtiger und Beschöniger in der vergangenen Woche durch die Zentralbanken erhalten: Sie haben dafür gesorgt, dass die Aktienkurse an den Börsen der Welt, die eigentlich hätten einbrechen müssen, in die Höhe schnellten. Auf diese Weise entstand der Eindruck, zumindest wirtschaftlich sei zurzeit alles in bester Ordnung. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Die Weltwirtschaft befindet sich in einem äußerst kritischen Zustand und dieser wird sich auf Grund des historisch einmaligen Stillstands der chinesischen Industrie in den vor uns liegenden Wochen und Monaten dramatisch verschlechtern, und zwar aus folgenden Gründen: Der stärkste Kurseinbruch an den internationalen Börsen seit 70 Jahren im Dezember 2018 hat dazu geführt, dass die Zentralbanken den Versuch aufgegeben haben, ihre lockere Geldpolitik wieder zu straffen. Seit Anfang 2019 haben wir es mit einer neuen Flut billigen Geldes zu tun, die in den letzten vier Monaten des Jahres erheblich zugenommen hat. Diese Geldschwemme hat zu einem weiteren Anstieg der globalen Verschuldung und einem weiteren Aufblähen der Blasen an den Finanzmärkten geführt, die Risiken im System also erhöht. Gleichzeitig hat in vielen Ländern eine Rezession, also ein anhaltender Rückgang des Wirtschaftswachstums, eingesetzt, der sich derzeit immer stärker bemerkbar macht. Da die Investoren in den vergangenen Jahren gelernt haben, dass es lukrativer ist, mit dem billigen Geld im Finanzsektor zu spekulieren als es in die Realwirtschaft zu stecken, stehen die Zentralbanken jetzt vor einem unlösbaren Problem: Sie können noch so viel Geld drucken und es zu noch so niedrigen Zinsen vergeben, der gewünschte Effekt nämlich ein Durchstarten der Realwirtschaft wird ausbleiben. Das wiederum wird für die arbeitende Bevölkerung schlimme Folgen haben: Die durch das Corona-Virus zu erwartenden Einbrüche in der Realwirtschaft werden zusammen mit der Rezession länderübergreifend zu Kurzarbeit und Massenentlassungen führen, den Lebensstandard von Millionen von arbeitenden Menschen senken und zahlreiche von ihnen in die Armut treiben. Der Stillstand in der chinesischen Industrie wird das schlimmste Problem in der Welt von heute die Explosion der sozialen Ungleichheit drastisch verschärfen und auf diese Weise für steigende soziale und politische Unruhe sorgen. Das einzig wirksame Mittel, um diese für Politik und Wirtschaft gefährliche Entwicklung zumindest vorübergehend einzudämmen, bestünde darin, die schwindende Kaufkraft derer, die gezwungen sind, von ihrem Einkommen zu leben, künstlich zu erhöhen. Genau diese Möglichkeit wird bereits seit einiger Zeit in den Zentralbanken diskutiert. Die Verantwortlichen überlegen, der arbeitenden Bevölkerung Helikoptergeld zur Verfügung zu stellen, also monatliche Zahlungen zu leisten und die Empfänger dazu zu verpflichten, das Geld umgehend in den Konsum zu stecken. Auf diese Weise könnte das taumelnde System in der Tat noch eine Weile am Leben erhalten werden. Langfristig jedoch würde diese Maßnahme mit absoluter Sicherheit in eine Inflation führen, die nur durch eine immer ausgiebigere Vergabe von Helikoptergeld bekämpft werden könnte. Das wiederum würde schlussendlich in eine Hyperinflation führen und den endgültigen Kollaps des bestehenden globalen Finanzsystems bewirken. Niemand kann momentan die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie voraussagen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Virus um den Schwarzen Schwan handelt, vor dem sich alle seit Jahren fürchten, steigt mit jedem Tag, an dem die chinesische Wirtschaft am Boden liegt. |
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erschienen am 10. Februar 2020 als KenFM-Tagesdosis | ||||||||||||||
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