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Politik an
der Schwelle zum Wahnsinn Johannes Huber
Krise, welche Krise? Österreichs Wirtschaft ist heuer um mehr als zweieinhalb Prozent gewachsen. Die meisten Lohnabschlüsse können sich sehen lassen, die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Sicherheitslage hat sich verbessert, der Finanzminister schafft zum ersten Mal ohne größere Anstrengungen ein Nulldefizit. Und überhaupt: Die allgemeine Stimmungslage ist sensationell. So zuversichtlich sind die Leute vom Boden- bis zum Neusiedlersee noch selten gewesen. Das Meinungsforschungsinstitut Spectra hat festgestellt, dass 34 Prozent der Überzeugung sind, dass es in nächster Zeit aufwärts geht. Die Erhebung wird regelmäßig durchgeführt; der bisherige Spitzenwert belief sich auf gerade einmal 27 Prozent (1994). Auf der politischen Agenda spiegelt sich das jedoch nicht wieder: Österreich steht demnach am Rande eines Abgrundes. Was heißt am Rande? Viel eher herrscht demnach schon eine Art Ausnahmezustand. Dafür schuldig gesprochen werden Flüchtlinge und Migranten, die das Sozialsystem gefährden und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen notwendig gemacht haben sollen.
Entscheidend für die Politik ist das Erregungspotenzial und nicht die Größe, die Probleme für die Republik haben.
Das stimmt mit den eingangs erwähnten Entwicklungen nicht überein. Ganz und gar nicht. Kein Wunder: Entscheidend für die politische Agenda ist in Abwandlung einer grandiosen Feststellung, die die Zeit unlängst gemacht hat das Erregungspotenzial und nicht die Größe, die Probleme für die Republik haben. Zum Beispiel: Man beschäftigt sich über Monate hinweg ausschließlich mit der Mindestsicherung, die keine Milliarde kostet, und daneben gar nicht mit den Pensionsausgaben, die das 50-fache davon ausmachen und die zu einem erheblichen Teil steuerfinanziert sind. Oder: Man verspricht (fast schon) jahrelang eine Entlastung und vergisst das dazu Notwendige, nämlich die Erarbeitung eines Spielraums über staatliche Leistungskürzungen. Dabei sagen dieselben Akteure doch selbst immer wieder, dass man nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt. Ja, das passt hinten und vorne nicht zusammen.
Der Ausnahmezustand muss im kommenden Jahr weitergetrieben werden.
Diese Politik macht den Leuten etwas vor. Und damit verrät sie im Grunde genommen auch schon ihre Not: Sie kann sich nur behaupten, wenn sie Stimmung macht, provoziert und polarisiert, also In- und Ausländer, Arme und weniger Mittellose gegeneinander ausspielt, junge Flüchtlinge hinter Stacheldraht einsperrt, Freiheitsentzug über Hausordnungen erwägt und so weiter und so fort. Das ist gefährlich: Es bedeutet im Umkehrschluss, dass ÖVP und FPÖ als Regierungsparteien verloren sind, wenn sie normal in dem Sinne agieren, dass sie Probleme sachlich und nüchtern, also nach ihrer Größe für das Staatsganze und eben nicht nach ihrem Erregungspotenzial angehen. Das lässt Schlimmes befürchten: Der Ausnahmezustand muss im kommenden Jahr weitergetrieben werden. Zumal mit der EU-Wahl ein bundesweiter Urnengang ansteht. |
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erschienen am 20. Dezember 2018 auf > dieSubstanz.at > Artikel | |||||||||||||||||||||
dieSubstanz.at ist die Website, auf der ich mich regelmäßig über die österreichische Politik informiere. Herzlichen Dank Johannes Huber für die freundliche Überlassung dieses Artikels! | |||||||||||||||||||||
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