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Interview mit Felicia LangerSeyyed Hedayatollah Shahrokny, IRIB
"Ich werde am 09. Dez. 84 Jahre alt. Es gab keinen Tag in meinem Leben, an dem ich nicht für die Sache gekämpft habe. Ich werde bis zum Ende kämpfen." Ein Interview mit Frau Felicia Langer, deutsch-jüdische Rechtsanwältin, Buchautorin und Alternativ-Nobelpreisträgerin, über die zunehmenden Spannungen zwischen den Palästinensern und Israel. IRIB: Frau Langer, ich darf Sie ganz herzlich begrüßen zu diesem Interview! Langer: Ich bin sehr froh, Ihnen und der iranischen Öffentlichkeit ein Interview zu geben und begrüße alle Leute, die das Interview hören werden! IRIB: Frau Langer, nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen haben sich die Palästinenser entschieden, die Sache mit der Anerkennung ihres Staates selbst voranzubringen. Sie haben dabei einen Teilerfolg erzielt. Inzwischen erkennen rund 135 Länder die Staatlichkeit Palästinas an. Wie bewerten Sie diese Initiative der Palästinenser? Langer: Ich habe mich nach dem Osloer Abkommen sehr gefreut, dass dort ein Fortschritt erzielt wurde. Ich wurde aber sehr kritisch, weil ich gesehen habe, wie die israelische Regierung weiter kolonialisiert. Das, was wir erleben, ist eine Tragödie für das palästinensische Volk. Nun freue ich mich, dass die Weltöffentlichkeit die Möglichkeit haben wird, sich mehr und mehr einzumischen und die Staatlichkeit von Palästina anerkennt. IRIB: Frau Langer, die Initiative der Palästinenser löste aber sehr bald bei der israelischen Regierung viel Wut aus und leitete darauf hin eine Gegenmaßnahme ein. Israel will nun den Charakter des israelischen Nationalstaates als jüdisch per Gesetz festigen. Was bedeutet das für die Palästinenser, die dort leben? Langer: Das ist man kann sagen eine Kriegserklärung an die Palästinenser, die dort leben. Denn, wenn das umgesetzt wird, was die israelische Regierung angekündigt hat, dann werden die Palästinenser Bürger zweiter oder dritter Klasse und die arabische Sprache wird nicht mehr eine offizielle Sprache sein. Das würde bedeuten, dass an den Schulen in Israel nicht mehr auf Arabisch gelehrt würde. Die Palästinenser werden ohnehin diskriminiert und wenn das auch noch hinzukommt, wird es ganz schlimm für die Palästinenser aussehen. Dann werden die Palästinenser noch mehr diskriminiert. Das wäre eine Provokation seitens Netanjahus. IRIB: Frau Langer, Sie sind Juristin, deshalb lassen Sie mich eine juristische Frage an Sie stellen. Ist der von Israel angedrohte Schritt durch die UN-Charter gedeckt? Langer: Ich glaube nicht. In Israel leben Juden, aber man kann Israel nicht einen jüdischen Staat nennen, denn in diesen Gebieten leben auch mehr als zwei Millionen Palästinenser. Ein Staat kann sich nicht so nennen, auch die USA können sich nicht katholisch oder protestantisch nennen. Das ist sehr merkwürdig. Ich habe die UN-Charta in dieser Hinsicht nicht studiert, deshalb kann ich als Juristin mich in dieser Sache nicht hundertprozentig positionieren. Ich bin aber sicher, dass das gegen das Völkerrecht verstößt, wenn das tatsächlich passiert. IRIB: Frau Langer, kürzlich hatte Israelis Außenminister, Lieberman, den Palästinensern Geldsummen angeboten für den Fall, dass sie ihre Heimat verlassen. Wie ernst darf man diese Äußerungen Liebermans nehmen? Langer: Das wird nie durchgeführt. Man wird die Palästinenser nicht kaufen können. Man hat sie (die Palästinenser) auch 1948 nicht kaufen können, sondern vertrieben. Jetzt kann er auch die Palästinenser vertreiben, aber nicht kaufen. Das ist eine Schande. Er ist ein Faschist, alle seinen Ideen sind für mich als Jüdin, Israelin und Holocaust-Überlebende schrecklich. Er will ethnische Säuberung mit Geld, dem amerikanischen Geld, voranbringen. Das wird aber nie zustande kommen. Ich kenne die Palästinenser, ich weiß, wie sie sind. Diese Idee ist schrecklich, antidemokratisch und völkerrechtswidrig, deshalb kommt auch nicht zustande. IRIB: Das, was man gegenwärtig im Israel-Palästina-Konflikt sieht, deutet auf eine Eskalation, eine Zuspitzung der Spannungen hin. Wie weit kann das aber gehen? Langer: All das, was jetzt passiert, ist eine Zuspitzung. In Jerusalem haben wir dieses Gefühl. In Gaza fand kürzlich ein Genozid statt. Ich habe ein bisschen Hoffnung, dass die Weltgemeinschaft nicht schweigt und die schrecklichen israelischen Menschenrechtsverletzungen nicht länger duldet. So kämpfe ich dagegen, allerdings nur mit Worten, anders kann ich nicht. Ich werde am 9. Dez. 84 Jahre alt. Es gab keinen Tag in meinem Leben, an dem ich nicht für diese Sache gekämpft habe. Ich werde bis zum Ende kämpfen. Ich hoffe, dass die öffentliche Meinung in der Welt aufwacht und einsieht, dass man Druck auf Israel ausüben muss, durch Sanktionen, wenn sie zum Frieden beitragen, ohne Waffen und ohne Krieg. IRIB: Die USA und die europäischen Staaten haben Israel vor einem solchen Schritt gewarnt. Aber wie ernst darf man diese Warnung nehmen? Langer: Diese Warnungen sind leere Worte, ohne Taten. Sanktionen können unsere Bevölkerung dazu bringen, sich einzumischen und sagen: "Nein zu dieser Idee." Dann können wir erwarten, dass dort in Israel eine Bewegung entsteht. Wenn das eintritt, wenn die Menschen in Israel verstehen, wie gefährlich die Situation ist und sich dann erheben werden, dann wird es Wirkung haben. Aber sonst bleiben wir in dieser Situation und die USA werden immer wieder jede Initiative durch ihr Veto zu Fall bringen. Das Interview wurde am 06. Dezember aufgezeichnet |
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erschienen am 18. Dezember 2014 auf > iran German Radio > Artikel | ||||||||||||||||||
Herzlichen Dank an iran German Radio für die freundliche Genehmigung, diesen Artikel zu übernehmen! | ||||||||||||||||||
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