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Kapitän für ein sinkendes Britannien Eric Margolis
Der neue britische Premierminister Boris Johnson wird von vielen als "der britische Trump" bezeichnet. Es ist ein simpler Vergleich, angesichts ihrer eigenwilligen, konfrontativen Stile, ihrer markanten blonden Haare, ihrer Stammespolitik und ihrer fremdenfeindlichen Politik. Aber sie sind nicht gleich. Johnson ist ein gebildetes, geistreiches Produkt der besten britischen Bildungseinrichtungen Eton und Oxford, das seine Gelehrsamkeit und seine Wurzeln in der Oberschicht herunterspielt. Trump ist genau das Gegenteil. Aber beide sind perfekte Entertainer, was in der heutigen TV-Politik unerlässlich ist. Trump und Johnson haben die politische Lizenz, unverschämt zu handeln und Tabus zu äußern, die andere Politiker aus dem Amt werfen würden. Letzte Woche rühmte sich Trump gegenüber Pakistans Staatschef Imran Khan, dass er zehn Millionen Menschen in Afghanistan töten könnte, wenn er den 18-jährigen Krieg dort wirklich beenden wolle. Die amerikanischen Schoßhundmedien haben diese völkermörderische Drohung durch einen Führer, dessen Bezug zur Realität nachzulassen scheint, kaum bemerkt. Boris Johnsons Anspruch auf Ruhm liegt in seinem leidenschaftlichen Engagement, Großbritannien aus der Europäischen Union herauszuholen - auch bekannt als Brexit. Er schwört, aus der Union auszubrechen, auch ohne einen geordneten Ausstiegsvertrag, um den Schlag gegen die britische Wirtschaft zu erleichtern, die etwa die Hälfte ihres Exportgeschäfts mit der EU abwickelt. Nach dem Brexit werden die meisten britischen Exporte auf den Kontinent unter neue EU-Steuern, Zölle oder Tarife fallen. Britische Unternehmen sind, was nicht verwunderlich ist, in Panik. In den britischen Häfen wird mit Chaos gerechnet. Die Lieferungen von Agrarprodukten und die Automobilproduktion stehen vor dem Chaos. Alles in allem droht der Brexit, Großbritannien in ein gigantisches Durcheinander zu stürzen. Aber Briten sind berühmt dafür, sich durch die schwierigsten Zeiten zu kämpfen. Für viele Pro-Brexit-Briten ist das Handelschaos ein Preis, der es wert ist, den EU-Vorschriften über die Freizügigkeit von Personen, dem Europäischen Gerichtshof und den "blutigen Bürokraten" in Brüssel zu entkommen. Briten werden nie Sklaven sein, weder der Franzosen noch der EU-Bürokraten! Alles sehr lustig. Nur, dass der Brexit Großbritannien von einer mitteleuropäischen Macht in ein einsames, isoliertes Anhängsel der Vereinigten Staaten verwandeln wird, das Befehle von Donald Trump entgegennimmt, der ein weitaus weniger stabiler Monarch ist als seinerzeit der gelegentlich verrückte König George III. Der Brexit wird das Vereinigte Königreich zwingen, einen einseitigen Handelspakt mit den Vereinigten Staaten von Amerika abzuschließen, der die britische Industrie und Landwirtschaft weiter ausweiden wird. Immer schwächere britische Streitkräfte, die immer noch zu den mächtigeren Europas gehören, werden in den endlosen imperialen Kriegen Amerikas zu Hilfstruppen der US-Streitkräfte - so ungefähr wie die Gurkhas in Nepal, die der britischen Krone so lange gedient haben. Die widerspenstigen Iren rächen sich an den Briten für Jahrhunderte der Ausbeutung und Gewalt. Niemand scheint eine Antwort darauf zu haben, was mit der "weichen Grenze" Irlands zum Vereinigten Königreich oder mit dem Wunsch der meisten Iren - und jetzt kommen die Schotten hinzu - zu tun ist, Teil der Europäischen Union zu bleiben. Der Ruf nach Mauern im Stil Trumps wird dieses heikle Problem nicht lösen. Erschwerend kommt hinzu, dass die schwache konservative Mehrheit im Parlament auf die zehn Parlamentsmitglieder der nordirischen Pimperlpartei Democratic Unionist Party angewiesen ist. Wenn sie ihre Iren gegen sich aufbringt, wird die Regierung stürzen. Wenn Großbritannien die EU wirklich verlässt, wird die englische Sprache auf dem Kontinent verblassen, ersetzt durch Französisch und Deutsch. In ähnlicher Weise kämpfte Großbritannien drei Jahrhunderte lang, um zu verhindern, dass die Franzosen, dann die Deutschen Europa dominierten. Nach dem Brexit - der im Oktober stattfinden soll - werden Frankreich und Deutschland endlich zu den wichtigsten Mächten Europas. Die EU wird zu einer gemeinsamen deutsch-französischen Eigentumswohnung - es sei denn, Russland kommt dazu. Die Briten werden mit den Zähnen knirschen. Verflixt schlechte Show, Leute! Der Verbleib in der EU wird leidenschaftlich von Europas - und Großbritanniens - Jugend unterstützt, die sich bitter gegen alte Brexit-Dussel, Rustikale und Romantiker wendet, die glauben, dass Britannien immer noch die Meere beherrscht. Die gleiche Art von ausgefallenen Oldtimern, die Trump in den USA unterstützen. Viele dieser veraltenden Briten können sich vielleicht damit abfinden, zu einer neuen US-Kolonie zu gehören und Befehle vom Großen Weißen Vater in Washington entgegenzunehmen. Aber nicht die moderneren Briten. Außer natürlich politische Opportunisten wie Johnson und sein Kabinett. Jetzt ist es an der Zeit, dass die oppositionelle britische Labour Party in den Kampf zieht. Diese war durch falsche Anschuldigungen des Antisemitismus in der Defensive gehalten worden. Wie der US-Kandidat Bernie Sanders wurde auch der Labour-Chef Jeremy Corbyn von den Großgeldgebern seiner eigenen Partei sabotiert. |
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erschienen am 27. Juli 2019 auf > www.ericmargolis.com | ||||||||||||||
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