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Am 24.
Juni 2018 wird im renommierten Odeon Kino in Köln der
Dokumentarfilm "MY LAI INSIDE" zum ersten Mal
aufgeführt. Der Film ist völlig unabhängig von
Fernsehanstalten und Förderinstitutionen finanziert.
Es ist in jeglicher Hinsicht ein ungewöhnlicher Film: MY LAI INSIDE, der aktuelle Dokumentarfilm des Kölner Filmemachers Christoph Felder, der von Wirkung und Glaubwürdigkeit berühmt gewordener Kriegsbilder erzählt und dabei unkonventionell die völlig unterschiedlichen Blickwinkel traumatisierter Beteiligter fokussiert. Der Film thematisiert eine der unfassbaren, bis heute erschreckenden 68er Geschichten, geschehen am 16. März: Vormittags fallen amerikanische Soldaten der Charlie-Kompanie über das vietnamesische Dorf My Lai her, töten in ungefähr vier Stunden fast alle Bewohner - über 500 Zivilisten. Das Militär und die amerikanische Regierung versuchen dreist und mit allen Mitteln, den "Vorfall" zu vertuschen. Als das Massaker Jahre später trotzdem bekannt wird, formiert sich die Antikriegsbewegung erstmals mit lautstarkem Protest, auch in beiden Teilen Deutschlands. Die amerikanische Militärpolizei CID und die General Peers-Kommission begeben sich daraufhin auf Spurensuche vor Ort und versuchen das Geschehen, anhand von Fotos und Interviews mit den Beteiligten minutiös nachzuzeichnen. So gilt das Massaker als umfänglich dokumentiert und öffentlich zugänglich. Doch für dieses Kriegsverbrechen wird letztendlich kaum jemand zur Rechenschaft gezogen. Ein Skandal. 2011 liest Filmemacher Christoph Felder in "Spiegel Online" einen Artikel über die Geschichte eines Jungen, der angeblich My Lai überlebte und behauptet, seine Mutter und auch er selbst wären auf den weltberühmten Fotos des Armeefotografen Ronald Haeberle zu sehen. Duc lebt im benachbarten Remscheid, im Bergischen Land. Felder fährt mit Kamera zu ihm. Die ersten Interviews zeigen: Duc will seine Geschichte öffentlich machen - auf den ersten Blick eine Heldengeschichte. Darüberhinaus möchte der Vietnamese den Fotografen Haeberle persönlich kennenlernen, bisher ist ihm dies nicht gelungen. Der Filmemacher reist mit Duc nach My Lai, der ihm dort Familie, Freunde und Überlebende vorstellt. Sie gehen einen Weg, den Duc mit seiner kleinen Schwester angeblich gegangen sein will und auf dem das legendäre Foto entstanden sein soll. Nach der Rückkehr in Deutschland berichten Presse und Fernsehen darüber. Kaum jemand, ausser dem Museum in My Lai, zweifelt die Identität der Personen auf den Fotos an. Ein Opfer das dies alles durchmachte, wird wohl die Wahrheit sagen. Christoph Felder, der seinen Film ohne öffentliche Subventionen und Fernsehbeteiligung drehte, kontaktiert Ronald Haeberle in Cleveland, Ohio, um mit dem ehemaligen Armeefotografen über Duc und die damaligen Geschehnisse zu sprechen. Duc und Felder landen in Chicago. Felder's Kamera hält einen beeindruckenden Moment fest: Haeberle glaubt Duc's Darstellungen und schenkt ihm seine Nikon, deren letzte Aufnahme am 16.3.1968 die einer toten Frau ist. Es ist vermutlich Duc's Mutter, Nguyen Thi Tau. Dieses Foto geht dem dritten Protagonisten des Films, dem 2016 verstorbenen USSoldaten Larry Colburn, nicht aus dem Kopf. Jeden Tag denkt er an diese Frau, deren Leben hätte vielleicht gerettet werden können. Colburn war mit dem Piloten Hugh Thompson, dem Soldaten Glenn Andreotta Teil der Hubschrauber-Crew, die als einzige Beteiligten versuchten, das Massaker zu stoppen und einigen Vietnamesen in einer heldenhaften Aktion das Leben retteten. Larry Coburn und seine Familie werden von Felder nach Deutschland eingeladen. Es kommt zu berührenden Begegnungen. Doch mit der Zeit werden Zweifel laut. Immer wieder erzählt Duc die Geschichte, er sei am Tag des Geschehens sieben Jahre alt gewesen und das berühmte Foto von ihm und seiner Schwester sei von einem Hubschrauber heraus aufgenommen worden. Dies passt nicht zusammen, der Filmemacher schaut sich das ganze Foto auf einer Kopie des Original-Negativs an und sieht: Auf diesem Bild ist rechts am Rand noch ein Soldat zu erkennen, der neben dem Fotograf zu Fuß auf dem Weg ist. Haeberle war also, so wie er es auch immer erzählt, bei dieser Aufnahme nicht im Hubschrauber. Die zweite Unstimmigkeit sieht Felder, als er für Duc das Visum bei den amerikanischen Behörden in Frankfurt beantragt. Auf dem Visum stehen die Daten seines Passes: Date of Birth 30 DEC 1964. Er war zum Zeitpunkt des Geschehen nicht sieben Jahre alt, sondern dreieinhalb Jahre. Bei einer späteren, zweiten Vietnam-Reise bestätigt eine Nachbarin, die Duc auf dem Weg gesehen haben will, die Angaben über das Alter auf dem Visumantrag. Der Filmemacher, der bei dieser Produktion nicht nur die Regie führt, sondern auch für Kamera und Schnitt steht, recherchiert in London und findet im Archiv des King's College tatsächlich den Mörder der beiden Kinder, die auf dem Foto zu sehen sind. Auch in einem Fernsehinterview von 1970 berichtet Haeberle, die Kinder auf dem Foto wären erschossen worden. Daraufhin angesprochen sagt er heute, er könne sich nicht mehr erinnern. Der unkommentierte, spannende Dokumentarfilm macht deutlich, wie traumarisiert die Beteiligten heute noch sind. Der Fotograf, der hätte eingreifen müssen und sich nun damit beruhigt, dass vermutlich der Sohn der toten, fotografierten Frau überlebte. Duc, dem scheinbar auf der Suche nach der eigenen Identität jedes Mittel recht ist und sich in Vietnam als sichtbares Opfer inszeniert - und Larry Colburn, den die Frau auf dem Foto jeden Tag daran erinnerte, wie sinnlos Kriege, dieser Krieg, dieser 16. März 1968 gewesen ist. Es ist ein sehenswerter Film, der aus anderer, neuer Perspektive in die innere Welt eines Ortes eindringt, der ebenso für viele andere steht. Zum 50. Jahrestag wurde vielfach in der deutschen und internationalen Presse berichtet, Duc wäre auf dem legendären Foto abgebildet. Dieser Film sollte sie eines besseren belehren. |
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Infos: https://mylai-film.jimdo.com | |||||||||||||||||||||
>>> "Wir vergöttlichen die eigene Kultur" - "Krieg als Barbarei" - Dr. Eugen Drewermann - Warum Krieg? | |||||||||||||||||||||
>>> Die Burleske von Kiew - Ein Lehrstück über die Verfasstheit der Mainstreampresse | |||||||||||||||||||||
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