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Verteidigungsbudgets und HöhlenmenschenGwynne Dyer
Wenn man keine Völker mehr versklaven darf, ja nicht einmal mehr ihre Ressourcen ausbeuten, was hat es dann für einen Sinn, eine herkömmliche Großmacht zu sein? Die Vereinigten Staaten von Amerika unterhielten im Irak acht Jahre lang eine Armee von über 100.000 Soldaten zu Kosten, die unter dem Strich wahrscheinlich rund eine Billion Dollar ausmachen werden. Dennoch haben sie keinen einzigen Iraker versklavt (obwohl sie sehr viele getötet haben), und die ganze Zeit der Okkupation hindurch bezahlten sie für irakisches Erdöl den vollen Marktpreis. Welchem amerikanischen Zweck hat dieses ganze Unternehmen also gedient? Oh wie konnte ich nur. Ich vergaß. Es ging um Sicherheit. Und hier kommt´s noch einmal, ein paar Nummern größer. Letzten Freitag gab Präsident Barack Obama im Pentagon Amerikas neue Verteidigungsstrategie bekannt. Es ging allerdings nicht darum, jemanden davon abzuhalten, in die Vereinigten Staaten von Amerika einzumarschieren. Das kann nicht passieren. Es ging um die Umgestaltung des Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika in einer Weise, die die weltweite amerikanische Führung aufrecht erhält, unsere militärische Überlegenheit sicherstellt, wie Obama sagte. Eigenartigerweise trug Präsident Obama keine Tierfelle und war auch nicht mit einer Steinaxt ausgestattet, obwohl seine Logik geradewegs aus der Steinzeit stammte. Als Land noch das einzige Wertvolle war, machte es Sinn, schwer bewaffnet zu gehen, weil ein anderer versuchen könnte, es dir wegzunehmen. Das macht keinen Sinn mehr. China wird nicht reich, indem es Armeen ausschickt, um andere asiatische Länder zu erobern. Es wird dadurch reich, dass es diesen (und den Vereinigten Staaten von Amerika) Güter und Leistungen verkauft, die es zuhause billig produzieren kann und Dinge kauft, die anderswo billiger erzeugt werden. In der Tat hat es wirtschaftlich seit mindestens einem Jahrhundert keinen Sinn gemacht, andere Länder zu erobern aber alte Auffassungen sterben schwer. Analysiert man Obamas Rhetorik, so ist er eindeutig hin- und hergerissen zwischen der alten Denkweise und der neuen. Die gesamte neue Strategie der Vereinigten Staaten von Amerika dreht sich um China, aber geht es um China als einen heranwachsenden Handelspartner (und Konkurrenten) oder geht es um China als die heranwachsende militärische Supermacht, die die Vereinigten Staaten von Amerika schon deswegen bedoht, weil sie stark ist? Tatsächlich geht es um ein bisschen von beidem. Unsere beiden Länder haben ein starkes Interesse an Frieden und Stabilität in Ostasien und ein Interesse am Aufbeu einer Beziehung der beiderseitigen Zusammenarbeit, sagte Obama. Aber das Wachsen der militärischen Macht Chinas muss begleitet sein von einer größeren Klarheit über ihre strategischen Absichten, um die Entstehung von Reibung in der Region zu vermeiden. Würde es helfen, wenn China verspricht, dass es keine Absicht hat, jemanden anzugreifen? Natürlich nicht, das tut es ja schon. Klarheit über seine strategischen Absichten heißt in Wirklichkeit, dass es keine militärischen Potentiale entwickeln soll, die die sehr große Militärpräsenz der Vereinigten Staaten von Amerika in Asien herausfordern könnten. Schließlich weiß ja jeder, so argumentiert das Pentagon schlüssig, sind die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika nur aus Gründen der Verteidigung und Abschreckung dort und würden niemals aggressiv eingesetzt werden. Gut, eigentlich wissen die Chinesen das nicht. Sie sehen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika enge militärische Beziehungen unterhalten zu allen Ländern an Chinas östlichen und südlichen Grenzen, von Japan und Südkorea bis nach Thailand und Indien. Sie sehen, wie die 7. Flotte der Vereinigten Staaten von Amerika regelmäßig vor der chinesischen Küste im Einsatz ist. Und sie sagen sich nicht: Das passt schon. Die Amerikaner schrecken uns nur ab. Würden die Amerikaner das über China sagen, wenn chinesische Soldaten in Kanada und Mexiko stationiert wären und wenn chinesische Flugzeugträgerverbände die ganze Zeit vor der Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika operieren würden? Nein. Sie wären um nichts weniger paranoid als es die Chinesen sind. In Wirklichkeit sind sie ziemlich paranoid wegen des Wachstums Chinas, überhaupt wo das Blatt sich gewendet hat. Das erste Mal in der Geschichte plant KEINE große Macht, eine andere große Macht anzugreifen. Krieg zwischen großen Mächten wurde vor über einem Jahrhundert zu einem wirtschaftlichen Unsinn und bedeutet schieren Selbstmord seit der Erfindung von Atomwaffen. Dennoch spielen die militärischen Kreise in jeder größeren Macht eine mächtige Rolle in der allgemeinen Vorstellung. In der Tat sagt die neue Verteidigungsstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika, dass alle anderen schwächer sein müssen, damit die Vereinigten Staaten von Amerika sicher sind. Das zeigt eine völlige Unkenntnis der menschlichen Psychologie außer es handelt sich, natürlich, um einen zynischen Schmäh, um die amerikanische Öffentlichkeit zu überzeugen, einen Haufen Geld für Verteidigung auszugeben. Die bewaffneten Streitkräfte bilden das größte einzelne wohlbegründete Interesse in den Vereinigten Staaten von Amerika und in der Tat in den meisten anderen Ländern. Um ihre Budgets groß zu halten, müssen die Generäle die steuerzahlende Öffentlichkeit mit plausiblen Drohungen erschrecken, sogar wenn diese gar nicht existieren. Das Pentagon wird einige Kürzungen beim Personal von Heer und Marine hinnehmen, eine Zeit lang sogar um die hundert Milliarden vom Verteidigungsbudget, aber es wird seine Kerninteressen um jeden Preis verteidigen. Obama macht dabei mit, da es politischer Selbstmord wäre, nicht mitzumachen. Peking hat seine eigene mächtige Militärlobby, die regelmäßig die amerikanische militärische Bedrohung zum Thema macht, und die chinesische Regierung hält sich ebenfalls danach. Wir haben die Höhlen vor einiger Zeit verlassen, aber in unseren Vorstellungen und Ängsten wohnen wir noch immer darin. |
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erschienen am 9. Januar 2012 auf > CommonDreams > Artikel > Gwynne Dyers Website | ||||||||||||||||||
Der Historiker/Journalist Gwynne Dyer hat diesen Artikel vor sechs Jahren geschrieben. Im Archiv finden Sie Artikel von ihm und anderen Autoren, die wichtige und markante Einblicke in die Entwicklung in den letzten Jahren bieten. | ||||||||||||||||||
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