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Die
Türkei auf dem Weg zur Neuorientierung Ayla Demirli
Die Strategie des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber seinen Freunden und Alliierten löst nur zu oft Befremden aus, und jetzt kann niemand mit gutem Grund behaupten, dass die Türkei noch der gute US-Alliierte ist. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind so schlecht wie noch nie, die Regierung in Ankara gibt Washington die Schuld daran. Viele türkische Medien verbreiten die Meinung, die USA seien total verrückt und hätten den Sinn für die Realität komplett verloren. Einige nehmen an, dass Trump darauf aus ist, dem Schwächeren Geld wegzunehmen wie ein richtiger Gangster in Hollywood-Filmen. Die Anderen glauben an eine Verschwörungstheorie, nach der Trump einen hinterhältigen Plan der globalen Drahtzieher in die Tat umsetzen soll. Vertreter der türkischen Mittelschicht und Geschäftskreise bleiben aber mit beiden Füßen auf dem Boden. Vermutet werden mindestens zwei Beweggründe solcher US-Tänze auf dem politischen Parkett: einerseits wollen sich die Republikaner bereit zeigen, US-Unternehmen und Arbeitsplätze zu schützen, da die Zwischenwahlen schon ganz oben auf der Agenda stehen. Doch Trump wird sich selbst ins Knie schießen: obwohl es einen kurzfristigen Effekt gibt, beziehungsweise einen Propaganda-Effekt, wird sich der gewählte Kurs langfristig auf den Außenhandel und die US-Wirtschaft höchst negativ auswirken. Die zweite Meinung hat die historische Erfahrung hinter sich. Während der beiden Weltkriege blieben die USA einer der sichersten Finanzhäfen und machten infolgedessen ein Heidengeld, besonders im Zeitraum 1939-1945. Wie gesagt, Geld mag Stille. Deswegen dürfte das politische Chaos, das das US-Präsidentenamt selbst anfacht, für die USA höchst vorteilhaft sein. Ein möglicher Gewinn des US-Militär-Industrie-Monstrums ist leicht vorstellbar, falls ein Krieg von den Golfmonarchien und Israel gegen den von der Türkei unterstützten Iran wirklich ausbricht. Da liegt auf der Hand, dass sich der US-Präsident bemüht, Ankara wieder unter seine völlige und bedingungslose Gewalt zu bringen, indem er Druck auf das Land ausübt. Man kann aber wohl sagen, dass sich die USA damit um einige Jahre verspätet haben. Das liegt daran, dass zum ersten Mal seit dem Abstieg des Osmanischen Reichs eine an der Türkei orientierte Elite entstand, vor allem in Wirtschaftskreisen. Sie ist eine Basis, auf die sich Präsident Erdogan stützt. Ihrerseits erwartet diese Elite von der Regierung, dass Bedingungen für eine eigene Entwicklung geschaffen werden, statt dass die betriebene Politik Interessen von internationalen Akteuren entspricht. Es geht hauptsächlich um Projekte, die Washington für politisch unerwünscht hält, die aber für Ankara wirtschaftlich attraktiv sind, beispielsweise die Versuche der Türkei, die vorhandenen Herausforderungen in der Region mithilfe des Irans und Russlands zu lösen. In diesem Hinblick darf man andere nationale Besonderheiten der Türken nicht unerwähnt lassen, die die bilateralen Beziehungen mit den USA theoretisch beeinflussen können. Zum einen wird die türkische Gesellschaft durch eine große Einheit gekennzeichnet. Es ist kein Geheimnis, dass Erdogan bei weitem nicht von allen unterstützt wird. Doch als Washington Sanktionen gegen zwei türkischen Minister verhängte, wurde das als eine üble Beleidigung nicht nur der amtierenden Macht, sondern der ganzen Nation aufgefasst, die die betroffenen Minister vertreten. Zum zweiten ist die türkische Gesellschaftsstruktur viel traditioneller als eine europäische. Dadurch sind Bürger noch fähig, unter anderem Verluste in einem Krieg hinzunehmen, was die europäischen Völker schon verlernt haben. Die meisten Türken sind im Inneren dazu bereit, auch Strapazen des Krieges zu übernehmen und zu ertragen, was etwa durch die sehr niedrige Anzahl der Wehrdienstverweigerer in der türkischen Armee bekräftigt wird, obwohl der Konflikt mit den Kurden im Südosten des Landes weiterläuft und kein Ende der akuten Phase in Sicht ist. Dieses Verhältnis der Türken zu einem bewaffneten Konflikt berücksichtigen die Amerikaner ebenfalls nicht, wenn sie sich zu einer Konfrontation entschließen. Im Fall einer weiteren Eskalation werden Türken die Verluste hinnehmen und Umgekommene heroisieren. Um ihr Verhältnis zu einem möglichen Krieg noch anschaulicher zu schildern, kann ein Beispiel angeführt werden: wenn der ältere Sohn einer deutschen Mutter in den Krieg eingezogen wird, geht sie mit einem Antikriegsplakat auf die Straße. An ihrer Stelle würde eine türkische Mutter hingegen auch ihren jüngeren Sohn fürs Gefecht rüsten. Die jüngeren Schritte der USA zusammen mit der Verweigerung eines EU-Beitritts wurden zu einem wichtigen Katalysator einer Neuorientierung des Kurses der Türkei, und zwar von dem der westlichen Politik zugeneigten kemalischen zu dem nach Osten orientierten der osmanischen Türkei. Auf jeden Fall ist eine gewisse Enttäuschung mit dem Westen, insbesondere mit den USA deutlich spürbar. Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie jemandem bei einem Treffen die Hand reichen wollen, die andere Person jedoch die ihre hinter dem Rücken versteckt hält? antikrieg.com, 11. September 2018 |
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Herzlichen Dank Ayla für die freundliche Überlassung des Artikels! | |||||||||||||||||||||
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