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  Nixon hat Watergate gewonnen

Jonathan Turley

 

Barack Obamas Präsidentschaft ist genau das, was sein umstrittener Vorgänger wollte.

Diesen Monat sprach ich bei einer Veranstaltung zum Andenken an den 40. Jahrestag des Watergate-Skandals mit einigen von dessen Überlebenden im National Press Club. Während sich ein großer Teil der Diskussion um den historischen Konflikt mit Präsident Nixon drehte, beschäftigte mich eine andere Frage: Wer hat eigentlich gewonnen? Von einseitigen militärischen Aktionen bis zu Überwachung ohne gerichtliche Genehmigung, also den grundlegenden Elementen der im Raum stehenden Präsidentenanklage - schmerzliche Tatsache ist, dass Barack Obama der Präsident ist, der Nixon immer sein wollte.

Vor vier Jahrzehnten wurde Nixon in seinem Bestreben eingebremst, eine „imperiale Präsidentschaft” zu schaffen mit unilateralen Befugnissen und Privilegien. 2013 übt Obama genau diese Macht offen und ohne ernsthafte Opposition aus. Der Erfolg Obamas bei der Erreichung von Nixon vorenthaltenen Machtbefugnissen ist eine seiner - wenn auch schändlichsten – Leistungen. Sehen wir uns einige Beispiele an:

 

Überwachung ohne gerichtliche Anordnung

Nixons Einsatz von unbefugter Überwachung führte zur Schaffung eines Sondergerichts, genannt Foreign Intelligence Surveillance Court (FISA – Gericht zur Überwachung ausländischer Geheimdienste). Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Reform eher der Form nach wirkte als inhaltlich. Das geheime Gericht machte aus „wahrscheinlicher Fall“ einen bedeutungslosen Standard, was so gut wie jede Überwachung ermöglichte, die die Regierung wünschte. Von hunderttausenden Ansuchen über die Jahrzehnte hinweg wurden nur einige wenige nicht genehmigt.  

Vergangenen Monat machte der Supreme Court allen noch verbliebenen Illusionen über FISA ein Ende, als er sich an die Seite der Obama-Administration stellte mit einem Urteil, nach dem potenzielle Ziele einer derartigen Überwachung Beweise dafür vorzulegen hätten, dass gegen sie spioniert werde, sogar wenn die Regierung derartige Beweise für geheim erklärt hatte. Das ist nur das letzte von Dutzenden von Gerichtsverfahren, welche die Regierung blockiert hat, während die Überwachung exponentiell ansteigt. 

 

Unilaterale militärische Aktion

Nixons Anklage beinhaltete den Vorwurf, dass er die alleinige Autorität des Kongresses missachtet habe, Krieg zu erklären, indem er in Kambodscha einmarschierte. Anlässlich der libyschen „Mission“ gab Obama bekannt, dass nur er die alleinige Befugnis habe zu entscheiden, was ein „Krieg“ ist, und dass, solange er das als etwas anderes bezeichnete, keine Zustimmung oder auch nur Rücksprache mit dem Kongress erforderlich sei. Er fuhr einfach fort, die Hauptstadt eines Landes zu bombardieren, Militäreinheiten zu zerstören und über eine Milliarde Dollars auszugeben zur Unterstützung einer Seite in einem Bürgerkrieg.

 

Kill-Listen

Nixon ordnete einen Einbruch an, um Beweise gegen Daniel Ellsberg zu finden, der der Presse die berühmten Pentagon Papers übergeben hatte, und versuchte danach, ihn einzusperren. Ellsberg erfuhr später von einer geheimen Verschwörung der „Klempner“ des Weißen Hauses, ihn durch einen physischen Angriff „außer Gefecht zu setzen.“ Das war eine schockierende Enthüllung. Allerdings ist das nichts gegen die Anmaßung des Rechts durch Obama, jeden Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika ohne Anklage umzubringen, von einer Verurteilung gar nicht zu reden, nur aufgrund seiner eigenen Macht. Ein vor kurzem durchgesickertes Memorandunm besagt, dass der Präsident ein Recht hat, einen Bürger zu töten, sogar wenn er nicht über „eindeutige Beweise über einen speziellen Angriff“ verfügt, der geplant wird.

 

Vorgehen gegen Whistleblowers

Nixon war bekannt für seine Attacken gegen Whistleblowers. Er benutzte den Espionage Act (Spionage-Gesetz) aus dem Jaht 1917, um eines der seltenen Strafverfahren gegen Ellsberg zustandezubringen. Nixon wurde verteufelt, weil er das Recht missbrauchte. Obama hat doppelt so viele derartige Verfolgungen zustandegebracht wie alle vorhergehenden Präsidenten zusammen. Während sie es ablehnt, jemanden wegen Folter anzuklagen, hat die Obama-Administration den ehemaligen CIA-Beamten John Kiriakou verfolgt, weil er das Folterprogramm der Öffentlichkeit bekannt gegeben hat.

Weitere nixoneske Züge tragen Obamas übermäßiger Gebrauch der Geheimhaltungsgesetze und die Vorenthaltung von Material vor dem Kongress. Sogar fehlende Tonbänder gibt es. Im Folterskandal gaben CIA-Vertreter zu, Tonbänder zerstört zu haben, von denen sie befürchteten, sie könnten gegen sie in Strafverfahren verwendet werden. Auch bei Nixon gab es fehlende Tonaufzeichnungen, aber Rose Mary Woods behauptete, sie habe diese aus Versehen gelöscht, im Gegensatz zu den derzeitigen Regierungsvertretern, die offen die absichtliche Zerstörung zugeben. 

Obama hat sich nicht nur offen die Machtbefugnisse angeeignet, welche die Grundlage für Nixons Impeachment bildeten, sondern er hat auch zustandegebracht, dass ihn viele dafür lieben. Mehr als jede andere Figur in der Geschichte war Obama eine Katastrophe für die Bürgerrechtsbewegung der Vereinigten Staaten von Amerika. Dadurch, dass er aus der Demokratischen Partei kommt und eine Kultposition einnimmt, hat Obama die Bewegung mitten auseinandergerissen. Viele Demokraten und progressive Aktivisten sehen sich selbst außerstande, gegen Obama wegen der autoritären Befugnisse, die er sich angeeignet hat, Widerstand zu leisten. Es geht nicht einfach um einen Fall, in dem sich eine Persönlichkeit über Prinzipien erhebt, es ist ein Personenkult.  

Lange nach Watergate hat sich nicht nur das Präsidentenamt geändert. Wir haben uns geändert. Wir haben uns gewöhnt an Elemente eines Sicherheitsstaates wie massive Überwachung und exekutive Autorität ohne gerichtliche Aufsicht. Wir haben zu guter Letzt eine Frage beantwortet, die Benjamin Franklin offen ließ, nachdem eine Frau Powel ihn nach dem Verfassungskonvent fragte: „Nun Doktor, was haben wir bekommen – eine Republik oder eine Monarchie?“ Seine ernüchternde Antwort: „Eine Republik, wenn ihr sie erhalten könnt.” 

Wir scheinen der Republik überdrüssig geworden zu sein und haben diese verscherbelt für Versprechen von Sicherheit seitens einer strahlenden politischen Persönlichkeit. Irgendwo muss sich Nixon wohl wundern, wie das alles so einfach gehen konnte.

 
     
  erschienen am 26. März 2013 auf > USA TODAY > Artikel > Jonathan Turleys Website > Artikel  
  Jonathan Turley ist Professor für Öffentliches Recht an der George Washington-Universität  
  Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen!  
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