Die unerwartete Ankündigung stößt die herrschende Militärjunta, die noch immer von Washington unterstützt wird, vor den Kopf

John Glaser 

Am Samstag nominierte die ägyptische Moslembruderschaft ihren Chefstrategen und Financier zum Kandidaten für das Amt des Präsidenten, eine überraschende Wendung gegenüber einem früher abgegebenen Versprechen, sich aus dem Rennen heraus zu halten.

Khayrat el-Shater, ein Multimillionär und Geschäftsmann, der die Bewegung in der stürmischen Übergangszeit seit dem Sturz Hosni Mubaraks durch den Volksaufstand im vergangenen Jahr angeführt hat, soll der Spitzenkandidat im Wahlkampf für die Wahlen am 23./24. Mai sein. 

Diese Entscheidung brachte die Bruderschaft, die bereits rund die Hälfte der Parlamentssitze kontrolliert, in starken Gegensatz zu den ägyptischen Militärherrschern, welche noch immer finanzielle Unterstützung von den Vereinigten Staaten von Amerika bekommen und wenig Interesse daran gezeigt haben, die Macht abzugeben.

Einige sind besorgt, dass ein Sieg in der Präsidentschaftswahl der Mehrheitspartei ein weitreichendes Mandat geben könnte, striktes islamisches Recht einzuführen. Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika und Israels sind ebenfalls beunruhigt über einen solchen Sieg, da die Bruderschaft viel schwieriger zu kontrollieren ist als die Militärjunta, die keine Skrupel hat, die Demokratie zu unterdrücken und nach der Pfeife der westlichen Supermacht zu tanzen.

Übrigens könnte auch Mubaraks ehemaliger Vizepräsident Omar Suleiman kandidieren. Suleiman war Washingtons Favorit für das Amt Mubaraks unmittelbar nach dessen Sturz und würde ohne Zweifel auch dem herrschenden Militärrat besser passen.