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  Exportiert Autos, nicht Demokratie!

Philip Giraldi

Im Peloponnesischen Krieg eroberte Athen eine Stadt und errichtete eine Demokratie. Daraufhin marschierte Sparta ein, warf die Demokraten hinaus und errichtete eine Oligarchie. Den Menschen in der betroffenen Stadt wäre am liebsten gewesen, Demokraten wie Oligarchen wären abgezogen, aber sie hatten in dieser Angelegenheit nur wenig mitzureden. Nachdem es immer noch wenige gibt, die aus dem lernen wollen, was Thukydides beobachtet hat, ist der Export des eigenen politischen Systems bedauerlicherweise auch heute noch anzutreffen. 

Die meisten Amerikaner wissen überhaupt nichts von der National Endowment for Democracy (NED – Nationale Stiftung für Demokratie), die 1983 durch einen Kongressbeschluss gegründet wurde. Sogar Amerikaner, die sehr an außenpolitischen Angelegenheiten interessiert sind, haben häufig keine Ahnung davon, wie die zwei Schwestergesellschaften der NED, das National Democratic Institute for International Affairs und das International Republican Institute als Einrichtungen zur Förderung der Demokratie arbeiten, weitgehend aus Steuermitteln finanziert, aber trotzdem keiner strengen Kontrolle über ihre Tätigkeiten unterworfen. Als Madelaine Albright noch Außenministerin unter Präsident Bill Clinton war, sagte sie einmal zustimmend einem Publikum, dass in Fällen, in denen das Außenministerium in Sachen Unterstützung der Demokratie in anderen Ländern aktiv wird, die Diplomaten oft entdecken, dass das National Democratic Institute bereits am Werk ist. Wie es aussieht, unerklärlicherweise. Und das ist der Haken des Problems, das Albright und die anderen interventionistischen Außenminister nach ihr nicht erkannt haben.

Wie die Namen nahelegen, sind National Democratic Institute und International Republican Institute je nachdem mit der demokratischen oder der republikanischen Partei verbandelt, damit beide, die interventionistische Linke wie die interventionistische Rechte ein gleiches Stück vom Kuchen haben. Senator John McCain leitet die republikanische Version und Madelaine Albright das demokratische Gegenstück. Die beiden Gruppen sind oft in anderen Ländern in einer Weise involviert, die die Regierungen dieser Länder manchmal irritierend oder geradezu subversiv finden. Oft stößt der erhabene Ton der Herablassung seitens der Vereinigten Staaten von Amerika, die selbst einen Zusammenbruch ihrer eigenen verfassungsmäßigen Schutzrechte in den vergangenen acht Jahren erlebt haben, auf Ablehnung, was daran liegt, dass sie meistens eine Quacksalbermedizin mit fragwürdigen Eigenschaften verkaufen. Was allerdings auch nicht bedeutet, dass die Nutznießer dieser amerikanischen Freigiebigkeit, zumindest was iPhones und Laptopcomputer betrifft, zwangsweise alles aus ethischen Gründen zurückweisen.   

Der neokonservative Ken Timmermann hat die zentrale Tätigkeit der NED in Übersee beschrieben als “Ausbildung politischer Arbeiter in moderner Kommunikation und organisatorischen Techniken,” sicherlich eine höfliche Art, die Einmischung in andere Länder zu beschreiben. NED bezeichnet sich selbst als Nicht-Regierungs-Organisation / NGO, wurde aber durch einen Kongressbeschluss gegründet und wird weitgehend von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt. Der Kongress hat sie sogar ausgenommen von der Verpflichtung offen zu legen, wie sie ihr Geld ausgibt. Aus ihren eigenen Publikationen ergibt sich eine erstaunlich verwirrende Erklärung ihres Status: „Die grundlegende Gesetzgebung für die Stiftung betont deren Nicht-Regierungs-Status und betont ausdrücklich, dass ‚nichts in diesem Namen dahin gehend interpretiert werden soll, dass die Stiftung eine Agentur oder Einrichtung der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ist.’ Es wird gelegentlich behauptet, dass die Stiftung ohne diesen offiziellen Status keine Verantwortung trägt. Diese Annahme übersieht die Tatsache, dass die NED gegenüber einem breiten Kreis von Aufpassern sowohl in der Regierung als auch in der Gesetzgebung verantwortlich ist.“ 

Man könnte nun fragen, warum es überhaupt die NED gibt, wo doch der Außenminister befugt ist, die Außenpolitik im Namen des Präsidenten, des Kongresses und des amerikanischen Volkes zu betreiben. Die Antwort kann man auf der Homepage der NED finden, wo gesagt wird, dass sie von den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika geschätzt wurde, da sie an Orten und in Angelegenheiten tätig sein kann, an denen die Regierung lieber nicht direkt beteiligt sein will. In anderen Worten, die NED ist eine Schein-NGO, die Dinge betreibt, bei denen die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika lieber nicht erwischt werden will. Die Bearbeitung dieses Bereichs war früher die Aufgabe der CIA, jetzt aber nicht mehr. Wenn du die Kleptokraten nicht magst, die eine ehemalige Sowjetrepublik regieren, brauchst du nur ein bisschen zu warten. NED ist bereits dabei, den Eingeborenen beizubringen, wie man die Dinge richtig macht, und der Regierungswechsel wartet bereits um die Ecke.

Die Verwicklung der NED in Entwicklungs- und entwickelte Länder liest sich entweder wie eine Ehrenliste oder wie eine Anklage, je nach Einstellung des Betrachters. Auf der Liste finden sich alle Länder Osteuropas, Spanien, Frankreich, Portugal, Panama, Guatemala, El Salvador, Nicaragua, Haiti, Venezuela, Mexico, Peru, Argentinien, Brasilien, Indonesien, Kambodscha, Vietnam, Tibet und China. Die NED agiert mit einem hohen Grad von Autonomie bei der Finanzierung von Gruppierungen und Projekten, von denen sie glaubt, dass sie die Demokratie fördern, was immer das heißen soll unter den jeweils gegebenen Umständen an den jeweiligen Orten. Sie war wesentlich beteiligt an der „Entwicklung der Demokratie“ in der Ukraine, in Georgien und in den Ländern auf dem Balkan, oft indem sie den am meisten proamerikanischen Kandidaten aussuchte und ihm Geld gab. Proamerikanisch bedeutet oft, dass er gut Englisch spricht, auch wenn er sich sonst von seinen kommunistischen Vorgängern in puncto Korruption nicht unterscheidet. 

NED operiert weltweit und mehrparteilich, indem sie Politiker der Linken genauso korrumpiert wie Politiker der Rechten. In den 1990ern unterstützte das International Republican Institute offen oppositionelle Politiker in Kambodscha, Gegner von Hun Sen, damals und noch heute Premierminister Kambodschas. Hun Sen hat unzweifelhaft Dreck am Stecken, aber die Vereinigten Staaten von Amerika hatten kein Recht, sich in die lokale Politik eines freundlichen Landes einzumischen, besonders da diese Einmischung von einer Gruppe betrieben wurde, die nicht vom amerikanischen Volk gewählt worden ist und die in keiner Weise für das zur Verantwortung gezogen werden konnte, was sie getan hat. Als Hun Sen sich endlich so ärgerte, dass er sich über Washingtons Einmischung in sein Land beschwerte, bezog er sich nicht auf Außenministerium, Pentagon oder CIA. Er bezog sich auf das International Republican Institute. In einer Rede im Juni dieses Jahres forderte er die NGOs auf, ihre Einmischung in die kambodschanische Politik zu beenden.

Ähnliche Beschwerden gab es zunehmend besonders in Osteuropa, wo die NED größere Ausbildungsprogramme in jedem Land eingerichtet hat, das eine Farb- oder Samtrevolution mitgemacht hat. Auch in Russland, was schliesslich Vladimir Putin veranlasste, Finanzierung und Tätigkeitsbereich von NGOs zu regeln. Diese Vorgangsweise Putins wurde von den westlichen Medien sofort als antidemokratisch gebrandmarkt, aber war sie das? Die bedauerliche Folge von NED und deren Einmischungspolitik war eine Vermehrung von NED-ähnlichen Gruppierungen, bezahlt von anderen westlichen Demokratien und auch von reichen Leuten und Gruppen, die ihre eigenen internationalen Absichten verfolgen. Das Vereinigte Königreich nennt sie ‚Westminster Foundation for Democracy’, Australien ‚Center for Democratic Institutions’, Kanada ‚Rights and Democracy’, Deutschland ‚Europäische Partnerschaft für Demokratie’ und Taiwan ‚Foundation for Democracy’. George Soros betreibt sein ‚Open Society Institute’ (‚Institut für eine offene Gesellschaft’) und die ‚Foundation for Defense of Democracies’ (‚Stiftung für Verteidigung von Demokratien’), wobei beide NGO-Programme in Übersee unterstützen. 

Zur Zeit befindet sich der Iran im Fadenkreuz und wird nicht nur von der NED angegriffen, sondern auch von USAID und verschiedenen vom Kongress im Rahmen des Iran Freedom and Support Act (Gesetz für die Freiheit und Unterstützung des Iran) unterstützten Programmen. Im Zug der Vorbereitungen der Präsidentenwahl am 12. Juni gibt es Beweise für NED-Aktivitäten zugunsten der sogenannten Reformer, üblicherweise durch die Finanzierung einer Reihe iranischer Oppositionsgruppen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Laut einem Bericht intervenierte das Außenministerium, um sicherzustellen, dass Twitter zur Verfügung stand, um Kommunikation und Organisation von Protesten zu ermöglichen. In ihrem laufenden Schauprozess gegen dissidente Politiker behaupten die iranischen Staatsanwälte, dass die drei größten Oppositionsparteien Geld von ausländischen Nicht-Regierungs-Organisationen angenommen haben. Die Staatsanwälte klagen an, dass die selbsternannten Reformer versuchen, die Kontroverse um die Wahlen als Gelegenheit zu nützen, das auszuführen, was als „ihr Komplott“ bezeichnet wird - einen Regierungswechsel herbeizuführen. Pech für die Angeklagten – die Beschuldigung ist plausibel. 

Nachdem sie ein Durcheinander in Osteuropa und auf dem Balkan produziert hat, hat es den Anschein, dass die NED wieder daran arbeitet, einen Wechsel zustandezubringen ohne klare Vorstellung, wohin er führen sollte. Es sollte in erster Linie auf der Hand liegen, dass niemand in Washington eine Ahnung davon hat, was in Iran vor sich geht, ganz besonders die NED, die eine extrem vorsichtige Politik der Nicht-Einmischung verfolgen sollte. Es sollte auch auf der Hand liegen, dass die Unterstützung von Gruppen, die auf einen Regimewechsel im Iran aus sind, zum Scheitern verurteilt ist, da bereits diese Unterstützung als Beweis dafür angeführt werden wird, dass es sich bei den Reformern, wenn sie überhaupt Reformer sind, um Staatsfeinde handelt. Die Stärkung von NED und anderen Gruppen dieser Art bringt Washington in eine no-win-Situation, überhaupt wenn Präsident Obama es mit den Verhandlungen mit Teheran ernst meint. Aber vielleicht meint er es nicht ernst mit der Absicht, zu einer Einigung mit dem Iran zu kommen, und wir sehen den normalen Betrieb in Washington, wo Intervention zur Förderung der Demokratie noch immer der Name des Spiels zu sein scheint.

 
  erschienen am 6. August 2009 auf > www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/giraldi/2009/08/05/export-cars-not-democracy/  
     
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