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  Die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika entdeckt Afrika

Afrika hat viele Bedürfnisse. Ob eines davon ist, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Million Soldaten schicken, ist zu bezweifeln. 

Andrew J. Bacevich

 

Auf der Liste der militärischen Prioritäten der Vereinigten Staaten von Amerika war Afrika immer ganz unten zu finden. Das scheint sich jetzt zu ändern. Vor kurzem berichtete Eric Schmitt in der New York Times, dass „Tausende Soldaten, die bisher für den Irak und Afghanistan vorgesehen waren, sich jetzt auf Einsätze in Afrika vorbereiten.“ Ehe diese Vorbereitung noch viel weiter geht, könnten die Amerikaner vielleicht ein paar Fragen stellen wollen. Die wichtigsten sind: Warum die plötzliche Verschiebung der Prioritäten? Was ist das Ziel? Wer wird was davon haben? Welche Risiken sind mit der Militarisierung der Politik der Vereinigten Staaten von Amerika in Afrika verbunden? 

Unter den verschiedenen Diensten findet besonders die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika die Aussicht auf eine verstärkte Präsenz in Afrika attraktiv. Wie Schmitt beobachtete, ist angesichts des Rückzugs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika aus dem Irak und bald laut Plan auch aus Afghanistan „die Armee auf der Suche nach neuen Missionen rund um die Welt.“ Für Armeeführer verheisst Afrika Möglichkeiten, eine Chance, fortgesetzte Bedeutung in einer Zeit zu demonstrieren, in der der nationale Appetit auf die Entsendung von Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika zwecks Einmarsch und Besetzung von Ländern mehr oder weniger verflogen ist.

Somit haben wir also U.S. Army Africa, oder USARAF (Afrika-Armee der Vereinigten Staaten von Amerika), das jüngste militärische Hauptquartier in der ständigen wachsenden Dienstliste des Pentagon. Die Mission dieses Kommandos, das sich selbst beschreibt als „Amerikas erstes Armeeteam, das auf positive Änderung in Afrika hinarbeitet,“ schafft es, gleichzeitig auf beruhigende Weise farblos und beunruhigend ambitioniert zu sein, Einerseits „stärkt USARAF die Möglichkeiten von afrikanischen Staaten und regionalen Organisationen auf dem Boden.“ Andererseits „führt es entschiedene Aktionen durch, um ein sicheres Umfeld zu schaffen und die nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten von Amerika zu schützen.“ 

Man möchte hoffen, dass die erfolgreiche Erfüllung der ersten Hälfte dieser Mission – Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika bilden afrikanische Kollegen aus und rüsten sie aus – die zweite verhindern wird. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass diese Bemühungen den Weg für „entschiedene Aktion“ pflastern werden, was ein Euphemismus für Krieg ist.

Lassen wir den Euphemismus beiseite. Hier haben wir ein klassisches Beispiel für bürokratisches Interesse, das strategische Kalkulation, gar nicht zu reden von Gemeininteresse, als Grundlage der Politik verdrängt. Für die Marine und Luftwaffe war der marktschreierisch von der Obama-Administration angepriesene „Brückenkopf“ in Richtung Asien ein Geschenk des Himmels. Die Beschäftigung mit der vermeintlichen Bedrohung, die ein aufstrebendes China angeblich darstellt, verspricht diese Dienste für die kommenden Jahrzehnte in Betrieb (und mit Geld ausgestattet) zu halten. Allerdings sind abgesehen von einer allfälligen Wiederaufnahme des lange schlafenden Koreakrieges asiatische Szenarien, die einen grossflächigen Einsatz von Armeekräften erfordern würden, schwer heraufzubeschwören. Den „globalen Krieg gegen den Terrorismus“ in das Herz von Afrika zu tragen macht es der Armee möglich, ihren eigenen Brückenkopf zu errichten.

Anfänglich werden sich nur kleine Kontingente amerikanischer Soldaten nach Afrika wagen, entsprechend der vor kurzem entdeckten Affinität der Armee für das, was sie einen „leichten Fussabdruck“ nennt. Obwohl das Kampfsoldaten sein werden, wird ihre Aufgabe nicht Kämpfen sein, sondern Betreuung, Hilfe bei der Schaffung von kompetenten und politisch verlässlichen lokalen Kräften. Die Bemühungen der Vereinigten Staaten von Amerika in Hinblick auf den Ausbau der afrikanischen militärischen Kapazitäten werden zweifelsohne Möglichkeiten schaffen, amerikanische Waffen zu verkaufen, ein weiterer Nebeneffekt zugunsten der Rüstungsproduzenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Hier gibt es zumindest ein paar Probleme. Es beginnt damit, dass wenn es um den Aufbau fremder Streitkräfte geht, die Erfolgsliste des Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika gelinde gesagt durchwachsen ist. 

Nehmen wir den Irak als Beispiel. Nachdem es aus Dummheit 2003 die Armee des Irak zerschlagen hat, plagte sich das Pentagon jahrelang, sie wieder aufzubauen. Dies Anstrengung ermöglichte es letztendlich den Kräften der Vereinigten Staaten von Amerika, das Land zu verlassen. Wie sich allerdings aus den täglichen Attacken von Aufständischen ergibt, die in Bagdad und anderen Städten Chaos verursachen, ist „unsere“ irakische Armee offenkundig nicht imstande, auch nur die minimalste innere Sicherheit zu gewährleisten. Wenn das Erfolg ist, ist schwer vorstellbar, wie Misserfolg aussieht. 

Strengen Sie sich genügend an, und Sie werden auf Ägypten kommen. Jahrzehnte lang arbeiteten die Vereinigten Staaten von Amerika daran, der ägyptischen Armee Respekt vor dem Prinzip der zivilen Kontrolle beizubringen. Als heuer hochrangige ägyptische Offiziere befanden, dass sich eine demokratisch gewählte Regierung nicht so verhielt, wie es ihnen passte, machten sie einfach einen Staatsstreich und stürzten sie. Daraufhin unterdrückten ägyptische Soldaten brutal Bürger, die die Verwegenheit besassen, das abzulehnen. Mittlerweile stellte sich heraus, dass der Einfluss des Pentagons auf ägyptische Generäle gleich Null ist.  

Vielleicht schlimmer, gesehen aus einer Perspektive der Vereinigten Staaten von Amerika, haben bescheidene Truppeneinsätze es in sich, sich in größere zu verwandeln. Wenn es nicht richtig läuft, dann neigt Washington instinktiv dazu aufzustocken. Mit ein paar Opfern soll der Eindruck grosser Bedeutung geschaffen werden, wobei scheinbar die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika auf den Spiel steht und die Kriegstreiber steif und fest behaupten, dass eine Änderung der Situation „Stiefel auf dem Boden“ erfordern wird.

Damit das nicht klingt wie eine altersgraue Referenz zu den eskalatorischen Aktionen, die zum Vietnamkrieg führten, denken Sie an die Worte des damaligen Generalmajors Burke Garrett, bis 2010 Kommandant der USARAF. Für sich genommen, so bemerkte er, ist die USARAF vielleicht klein, aber „wir repräsentieren eine Eine-Million-Mann-Armee – Aktive, Wachen und Reservisten – die wir ... in Afrika zum Einsatz bringen können.“

Afrika hat viele Bedürfnisse. Ob es braucht, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Million Soldaten schicken, ist zu bezweifeln. Wenn Washington „positiven Wandel“ in Afrika ermutigen will, wäre die Ausbildung von einer Million afrikanischer Lehrer oder einer Million Ärzte eher angebracht.

Bemühungen, fremde Armeen aufzubauen, beruhen von vorneherein auf der Annahme, dass „zurückgebliebene“ Völker amerikanische Ausbildung wollen und sicher davon profitieren werden. Diese paternalistische Annahme, nicht viel mehr als eine politisch korrekt aufgemachte Version der Bürde des Weissen Mannes, verlangt eine kritische Überprüfung. In der Tat sollte sie aufgegeben werden, da sie falsch und schädlich ist – schlecht für die Afrikaner und schlecht schlecht für uns. Bis dahin sollte eine Armee, die nach neuen Missionen Ausschau hält, sich weniger weit weg von zuhause umsehen.

     
  erschienen am 10. November 2013 auf > Los Angeles Times > Artikel > Professor Andrew Bacevichs Website  
  Archiv > Artikel von Andrew Bacevich auf antikrieg.com  
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