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  Ein weiterer netter kleiner Krieg

Eric Margolis

 

Führen wir uns einige harte Fakten betreffend den bösartigen Konflikt in Syrien vor Augen.

Wenn die Vereinigten Staaten von Amerika Syrien direkt angreifen, sind der wirkliche Grund dafür nicht die chemischen Attacken vor einigen Tagen. Was sind 300 oder so Tote in einem seit zwei Jahren andauernden von den westlichen Mächten angeheizten Krieg, der bisher schon mehr als 100.000 Menschen das Leben gekostet hat?

Chemische Waffen sind grauenvoll. Das sind auch Kugeln, Granaten, Clusterbomben, Aerosolbomben, weisser Phosphor und Napalm. Alle Kriege sind in erster Linie Verbrechen.

Wir wissen noch nicht, ob das chemische Massaker vor kurzem in Damaskus ein wirklicher chemischer Angriff mit Sarin-Nervengas war, eine Provokation der Rebellen, ein Industrieunfall, oder eine Attacke von schurkischen syrischen Armeeeinheiten? Nach dem Irak können wir uns auf westliche Geheimdienste und sogenannte Beweise nicht verlassen.

Das ist nicht einmal das derzeitige Hauptproblem, obwohl es für auswärtige Mächte einen exzellenten Vorwand für eine Intervention abgibt.

Der syrische Konflikt ist ein Stellvertreterkrieg, der von den Vereinigten Staaten von Amerika, konservativen arabischen Erdölproduzenten und drei ehemaligen Kolonialmächten im Mittleren Osten, nämlich Britannien, Frankreich und Türkei, die ihre Herrschaft über die Region wiederherstellen wollen, gegen den Iran geführt wird. Israel, das darauf hofft, die Hezbollah zu isolieren und seine Annektierung der syrischen Golanhöhen zu zementieren, feuert von den Seitenlinien aus an. Syrien und die Hezbollah sind die einzigen arabischen Freunde des Iran. 

Die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Alliierten initiierten die Anti-Assad-Aufstände vor zwei Jahren, indem sie die im Untergrund agierende syrische Moslembruderschaft und importierte Jihadisten benutzten. Die Assad-Kräfte, beschränkt unterstützt von Russland, dem Iran und der libanesischen Hezbollah, hielten durch und schlagen jetzt die von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützten Rebellen.

In der Folge tendiert die Obama-Adminiustration zu einer direkten militärischen Intervention der Vereinigten Staaten von Amerika, um eine Niederlage ihrer Stellvertreter abzuwehren, indem sie Assads Luftwaffe, Panzer und Artillerie neutralisieren. Was die chemischen Waffen Syriens betrifft, so wurden diese entwickelt als ein Gegengewicht zu dem grossen atomaren und chemischen Arsenal Israels. 

Im Jahr 1990 war ich in Bagdad und berichtete über die Situation vor dem ersten Krieg der Vereinigten Staaten von Amerika gegen den Irak. Ich stiess auf vier britische Wissenschaftler/Techniker, die mir sagten – und Dokumente zeigten – dass sie von der Regierung ihrer Majestät geschickt worden waren, um bei den Programmen des Irak für biologische Kriegsführung behilflich zu sein.

Die vier Wissenschaftler waren bei den Salman Pak-Labors stationiert, um vier Arten von biologischen Waffen für den Irak zum Einsatz gegen den Iran herzustellen, darunter Milzbrand und Query-Fieber. Die Nährsubstrate für die biologischen Waffen kamen aus einem Labor der Vereinigten Staaten von Amerika in Maryland, ihr Export war von Washington genehmigt. Ich berichtete wiederholt über diese grauenvolle Entdeckung.

Während des langen blutigen Krieges des Irak gegen den Iran (1980 – 1988) lieferten die Vereinigten Staaten von Amerika, Britannien, Italien und Deutschland Anlagen und Rohstoffe für die Herstellung chemischer Waffen in den Irak, welcher Sarin-Nervengas und Senfgas produzierte. Viele tausend iranische Soldaten wurden getötet, furchtbar verätzt und geblendet mit diesen vom Westen gelieferten Waffen. 

Bitte also etwas weniger moralische Entrüstung des Westens, besonders seitens der Briten, deren geheiligter Winston Churchill den Einsatz von Giftgas gegen rebellische irakische und afghanische Stammesleute genehmigt hat.  

Halten wir uns auch vor Augen, wie Nordvietnam mit dem giftigen Agent Orange durchtränkt wurde, wie die widerständige irakische Stadt Fallujah mit weissem Phosphor zugeschissen wurde, wie der Irak durchgehend mit radioaktivem abgereichertem Uran verseucht wurde. Diese hinterhältigen Waffen töten auch Kinder.

Zumindest viele Amerikaner scheinen Vorsicht aus der Kampagne der neokonservativen Lügen gelernt zu haben, die sie in die Invasion des Irak 2003 geführt haben, eines der grössten Desaster und Schandtaten in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Sogar einige der üblicherweise kriegslüsternen Republikaner bedrängen den Träger des Friedensnobelpreises im Weissen Haus und sein Gefolge von blutrünstigen Liberalen, seinen Kriegsdrang zu zügeln und den Kongress zu fragen. 

Noch vielsagender ist, dass General Colin Powell, der sich selbst vor der Welt in Schande brachte, indem er die Lügen der Bush-Administration über den Irak nachplapperte, jetzt ebenfalls zur Vorsicht in Syrien mahnt.

Powell hat recht. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben ihre beiden letzten „Kreuzzüge“ in Afghanistan und Irak verloren. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben in Syrien keine strategischen Interessen, die über die Zwangsvorstellung hinausgehen, die widerspenstige Regierung des Iran stürzen zu müssen.

Washingtons syrisches Missgeschick droht die Vereinigten Staaten von Amerika auf einen sehr gefährlichen Kollisionskurs mit Russland zu bringen, Syriens engem Vebündeten. Bisher hat Russland eine diplomatische Lösung gesucht, aber es ist höchst unklug, den robusten Vladimir Putin zu hart zu stossen. Syrien liegt so nahe bei Russland wie Nordmexiko bei den Vereinigten Staaten von Amerika.

Auch nur die entfernteste Bedrohung einer atomaren Konfrontation mit Russland zu riskieren, nur um Präsident Assad zu stürzen, einen ehemaligen Alliierten der Vereinigten Staaten von Amerika, ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit.

 
     
  erschienen am 31. August 2013 auf > www.ericmargolis.com  
  Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com  
  siehe dazu: "SYRIEN: REBELLEN UND GIFTGAS" auf rationalgalerie.de  
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