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  Chavez’ Krankheit könnte Kuba zum Kentern bringen

Eric S. Margolis

 

Venezuelas 29 Millionen Menschen beten für ihren kranken Commandante Hugo Chavez – die eine Hälfte, dass er seinen letzten Krebsanfall überleben wird, und die andere Hälfte, dass er’s nicht wird.

Es wird berichtet, dass die schillernde Persönlichkeit Chavez nach seiner vierten Krebsoperation in Kuba 2011 an schweren Komplikationen der Atemwege zu leiden hat. Sowohl die venezolanische als auch die kubanische Regierung haben sich über den Zustand des 58 Jahre alten Chavez ausgeschwiegen.  

Den Kampf eines Menschen gegen die Schrecken der Krebskrankheit zu verfolgen ist immer herzzerreißend. Chavez’ lang andauernde Krankheit jedoch verursacht auch wachsende wirtschaftliche und politische Unsicherheit sowohl in Venezuela als auch in Kuba.

Präsident Chavez stilisiert sich selbst zum Anführer der lateinamerikanischen sozialistischen „Bolivarischen Revolution,“ ein Ex-Offizier, der verspricht, Venezuelas großen Reichtum an Erdöl zu verwenden, damit es seinem Volk besser geht. Venezuelas pro-Kopf-Einkommen beträgt bescheidene $13.000. Im Vergleich dazu hat Südkorea, ein Land ohne natürliche Ressourcen, ein Bruttoinlandsprodukt von $30.000 pro Kopf. Viele Venezolaner müssen mit $2 pro Tag auskommen. Diese sind Chavez’glühendste Anhänger.

Die düstere Krankheit, die Chavez befallen hat, hat Venezuela in eine politische Krise gestürzt. Er sollte den Amtseid für eine zweite sechsjährige Amtszeit am 10. Januar ablegen.

Die Verfassung Venezuelas sieht Neuwahlen vor, wenn der Präsident im Amt stirbt. Es besteht allerdings Unklarheit darüber, was geschehen wird, wenn Chavez in einem kubanischen Krankenhaus bleibt. Wird Vizepräsident Nicolas Maduro das Amt übernehmen – oder nicht? Der Präsident der Nationalversammlung sagt, dass er das Amt übernehmen wird. Militäroffiziere lassen Staatsstreichsgetöse vernehmen.

Das alles wäre nur von lokaler Bedeutung, wäre Venezuela nicht einer der bedeutendsten Erdölproduzenten der Welt. Das glückliche Venezuela schwimmt auf einem Meer von Erdöl und Erdgas. Seine Erdölreserven sind vielleicht sogar größer als die Saudiarabiens.

Venezuelas Erdölreserven in der Region um den Maracaibosee werden auf rund 300 Milliarden Barrel geschätzt. Ölsande enthalten um die 100 Milliarden Barrel Öl – mehr als Kanadas Ölsande in Alberta. Venezuela ist der achtgrößte Exporteur von Erdöl und Lateinamerikas führender Produzent von Erdgas. 

Ungeachtet der langen bitteren Streitigkeiten und Beschimpfungen zwischen Caracas und Washington bleibt Venezuela einer der wichtigsten Ölversorger für die Vereinigten Staaten von Amerika. Caracas besitzt sogar die amerikanische Erdölraffinerie und Verkaufsfirma „Citgo.“ Ironischerweise ist ein weiterer linker Staat, nämlich Angola, jetzt auch ein führender Versorger für die energiefressenden Vereinigten Staaten von Amerika.

Auch Kubas Führung beobachtet Präsident Chavez’ gesundheitliche Krise mit wachsender Besorgnis. Venezuela versorgt Kuba mit einer jährlichen Zuwendung von $3,5 Milliarden, darunter 15.000 Barrel Erdöl pro Tag. Venezuela baut auch eine große Raffinerie in Kuba, die dessen wirtschaftliche Unabhängigkeit stärken wird. Im Austausch für das Erdöl hat Kuba Venezuela 30.000 Ärzte zur Verfügung gestellt.

Bis zu ihrem Zusammenbruch 1991 versorgte die Sowjetunion das kommunistische Kuba gratis mit Erdöl. Kuba war ganz und gar von diesem sowjetischen Erdöl abhängig und verkaufte den Rest, um zu harter Währung zu kommen. Commandante Chavez war immer schon ein großer Bewunderer Kubas und betrachtet Fidel Castro als Vaterfigur. Entsprechend schnell warf er dem sinkenden Kuba die Rettungsleine zu, nachdem die sowjetische Hilfe ausblieb. Washington war wütend, um es milde auszudrücken, und versuchte den inneren Widerstand gegen die populistische sozialistische Regierung Chavez’ zu stärken, die von der mittleren und oberen Klasse Venezuelas verachtet wird.

Wenn Chavez seinen Kampf gegen den Krebs verliert – und das könnte in wenigen Tagen der Fall sein – oder wenn er arbeitsunfähig ist, könnte eine neue Regierung in Venezuela die Hilfe an Kuba einschneidend kürzen, oder, wenn die Rechte siegt, komplett einstellen. Das würde Kuba in eine desperate Situation stürzen. Kuba verfügt nicht über genügend harte Währung, um Erdöl auf dem offenen Markt zu kaufen.

Havannas Not könnte Vladimir Putin in Moskau eine hübsche Gelegenheit verschaffen, Washington weitere Nadelstiche zu versetzen, das in letzter Zeit Russland im Kaukasus und in Syrien auf die Zehen gestiegen ist. Auch China könnte versucht sein, still und leise Kuba als Werkzeug für den zukünftigen Gebrauch zu retten, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika Peking in Sachen Taiwan oder Südchinesisches Meer herausfordern. Man stelle sich den Aufschrei in Amerika vor, wenn Schiffe der chinesischen Kriegsmarine beginnen, vor Miami in der Weise zu patrouillieren, wie die 7. Flotte der Vereinigten Staaten von Amerika in der Straße von Taiwan patrouilliert.  

Diese Kolumne wünscht Colonel Chavez eine baldige Genesung. Er ist ein Pfahl im Fleisch Washingtons, ein verwirrter Sozialist und ein Aufschneider, aber er ist auch farbenprächtig, großherzig und erfreulich in einer Welt voller dumpfer Führer. 

(antikrieg.com schließt sich diesen Wünschen voll und ganz an. Klaus Madersbacher)

 
     
  erschienen am 5. Januar 2013 auf > www.ericmargolis.com  
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