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  Lügengeschichten aus Tremseh

Tag für Tag eine neue erfundene syrische Gräuelaktion

Justin Raimondo

 

Seit Monaten werden wir überschwemmt mit Berichten über „Massaker“ von syrischen Regierungstruppen an wehrlosen Dorfbewohnern. Diese Berichte kommen immer von syrischen „Aktivisten,“ manchmal namentlich genannt, meistens jedoch nicht, und die Einzelheiten sind immer schrecklich: Da gab es das „Massaker“ von Houla, von der BBC verkündet in einer Geschichte, darin ein Foto von einem Buben, der über die in Tücher gehüllten Leichen der Opfer springt. In diesem Bericht wurde behauptet, syrische Truppen hätten von Haus zu Haus gehend Kinder und Frauen im Dorf Houla ermordet: es war alles sehr aufregend. Die Geschichte hatte nur ein Problem: sie stimmte nicht. Das Foto, das die BBC benutzte, um diese Lügengeschichte zu illustrieren, war im Irak aufgenommen worden, nicht in Syrien, und war von den syrischen „Aktivisten“ geklaut worden, die es der BBC als „Beweis“ für die von der Regierung begangenen Gräueltaten andrehten.

Das war nicht die erste Falschmeldung, die diese „Aktivisten“ in die Welt zu setzen versuchten, und – obwohl diese immer wieder als Schwindel entlarvt worden sind - auch sicher nicht die letzte. Zur Zeit haben wir gerade wieder einen neuen derartigen Versuch: die Rebellen behaupten, dass in Tremseh, einem Dorf in der Nähe der Stadt Hama, hunderte Zivilisten mutwillig in einer koordinierten militärischen Operation von der syrischen Armee und Luftwaffe abgeschlachtet wurden. Kofi Annan fordert aufgrund dieses angeblichen Massakers den UN-Sicherheitsrat auf, eine ernste Warnung herauszugeben, der UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon denunzierte die syrische Aktion als „eine ungeheuerliche Eskalation der Gewalt“ und „verdammte in den schärfsten Ausdrücken den wahllosen Einsatz von schwerer Artillerie und den Beschuss von Wohngebieten, einschließlich des Beschusses von Helikoptern aus.“ 

Der Beschuss war allerdings nicht wahllos. Die New York Times berichtet:

„Neue am Samstag bekannt gewordene Einzelheiten über das, was örtliche syrische Aktivisten als Massaker an Zivilisten nahe der Stadt Hama bezeichneten, weisen darauf hin, dass es sich eher um einen Zusammenstoß zwischen schwer bewaffnetem syrischem Militär und örtlichen Kämpfern handelte, die leichte Waffen trugen.“

Die UNO schickte ein Team nach Tremseh und „dessen erster Bericht besagte, dass es so aussah, dass der Angriff gegen ‚bestimmte Gruppen und Häuser, hauptsächlich von Deserteuren aus der Armee und Aktivisten’ gerichtet war. Es hieß darin, dass eine Reihe von verschiedenen Waffen benutzt wurde, darunter Artillerie, Mörser und leichte Waffen.“

Geht man von der Rhetorik der höchsten UNO-Vertreter aus, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass der anfängliche Bericht der UNO-Beobachter beträchtlich in eine pro-Rebellen-Richtung „korrigiert” werden wird, wenn die Endfassung herauskommt.

Die Überschrift des Artikels in der New York Times – „Nähere Einzelheiten über einen Kampf lassen Zweifel an Berichten über ein syrisches Massaker aufkommen“ – umreißt kurz und bündig, worum es geht: die syrische Regierung ist in einen Kampf mit bewaffneten Gegnern verwickelt. Die Propaganda der Rebellen, die von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und deren Handlangern einfach weitergegeben wird, versucht jede Verteidigungshandlung der Regierung als Gräueltat hinzustellen. Unsere Medien, die als Komplizen mit im Spiel sind und routinemäßig das Wort der „Aktivisten“ für das Evangelium nehmen, bilden ein wichtiges Element beim Aufbau der richtigen Geschichte, einer, die eine Intervention durch die Mächte des Westens unter dem Deckmantel der UNO rechtfertigen wird.

Die wirkliche Bedeutung dieser Propagandakampagne ist klar genug: Länder, die für einen Regimewechsel vorgesehen sind und es wagen, eine militärische Verteidigung aufzubauen, begehen „Kriegsverbrechen.“ Das ist das erste Gesetz der Neuen Weltordnung, dem Bashar al-Assad und seinesgleichen auf eigene Gefahr die Stirn bieten.

Für die Regimewechsler reicht es nicht, widerspenstige Regierungen zu stürzen: sie müssen diesen auch nachträglich die Legitimation abstreiten, indem sie ihre Anführer nach Den Haag zerren. Das wurde Muammar Gaddafi nur deswegen erspart, weil er zu viel über seine Verfolger wusste, die davor von ihrer Beziehung mit dem libyschen Herrscher profitiert hatten.

Assad weiß, dass er kämpft, um ein derartiges Schicksal zu vermeiden, und das macht einen verhandelten Frieden nahezu unmöglich. Die Unnachgiebigkeit der Rebellen, die eine vom Westen unterstützte militärische Intervention erwarten, ist ebenso ein Stolperstein, der nicht einmal einen Waffenstillstand erhoffen lässt. Diese Unnachgiebigkeit wird verstärkt von denen, die die Rebellen finanziell und militärisch aufbauen, das sind die Vereinigten Staaten von Amerika und deren Alliierte in der Region. Hillary Clinton erklärt, dass Assad schon vor einem Gespräch über eine Regelung zurücktreten muss: nur Russland und China hindern die UNO daran, eine weitere Operation á la Libyen abzusegnen, um den syrischen Anführer zu eliminieren. 

Die Menschen in Amerika haben den Streich gegen Libyen nicht unterstützt, und sie werden kaum auf die Straßen eilen, um zu jubeln, falls und wann wir in Syrien einfallen, aber das wird kaum eine Rolle spielen. Dieser Präsident vertritt die Ansicht, dass er nicht einmal den Kongress zu fragen braucht, vor er in den Krieg zieht. Vielleicht wird er seine Vorführung in der Sache Libyen wiederholen, in deren Verlauf er - allen Ernstes – meinte, dass das kein richtiger Krieg war, weil Gaddafi es nicht schaffte, einen effektiven Widerstand aufzubauen und weil es keine amerikanischen Opfer gab.

Während es wenig ratsam erscheinen mag, in einem Wahljahr einen weiteren unpopulären Krieg zu beginnen, geht es hier in Wirklichkeit nicht um Syrien – es geht um den Iran.

Während die amerikanische Öffentlichkeit keinen weiteren Krieg will, ist die Machtelite einer ganz anderen Meinung. Wie General Wesley Clark ausführte, sind große Geldgeber der demokratischen Partei eifrige Unterstützer Israels – des hauptsächlichen Agitators für Krieg gegen den Iran. Israels Lobby in den Vereinigten Staaten von Amerika übt einen entscheidenden Einfluss aus auf die beiden großen Parteien, und während die Öffentlichkeit im allgemeinen gegen weitere militärische Abenteuer im Mittleren Osten ist – oder auch anderswo, um das auch zu sagen – ist die herrschende Klasse viel eher dafür eingestellt. 

Die syrische „Krise“ – die von den Mächten des Westens und ihren Handlangern in Qatar und Saudiarabien angeheizt wurde – ist nur ein Vorspiel für das Hauptereignis: die Strangulierung des Iran durch Wirtschaftsblockade und eventuell Krieg. Was sich heute in Syrien abspielt, gibt im Kleinen die Pläne der Regimewechslerbande für die gesamte Region wieder: sunnitische Fanatiker gegen alle anderen Religionsgruppen in einen Religionskrieg hetzen, der die christlichen und anderen Minderheiten auslöschen wird. Das ultimative Ziel dieses Angriffs: die Schiiten des Iran. 

In einem Wahljahr wird ein Zudrehen der Schrauben gegen den Iran Präsident Obama „hart“ erscheinen lassen gegen einen Kandidaten, der ihn kritisiert, weil er zu weich ist. Jede Diskussion über Außenpolitik wird wahrscheinlich zu einem Weitpinkelwettbewerb werden, bei dem herauskommen soll, wer der wirkliche harte Kerl ist. Und nichts ist so gut geeignet wie ein größerer Krieg, um die Aufmerksamkeit von einer rapid sinkenden Wirtschaft abzulenken und die Schuld für, sagen wir, steigende Preise diesen bösen Iranern zuzuschieben.

Erwarten Sie, dass der Bürgerkrieg in Syrien bis zu dem Punkt eskaliert, wo entweder die UNO oder Israel intervenieren, in welchem Fall die Aussichten auf Krieg gegen den Iran zum Wahltag im November 2012 realistisch sind.

     
  erschienen am 16. Juli 2012 auf > www.antiwar.com > Artikel  
  Archiv > Artikel von Justin Raimondo auf antikrieg.com  
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