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  Die Regimewechselmaschine

Die Motoren kommen auf Touren

Justin Raimondo

Die Welt befindet sich im Chaos, Kriege brechen allerorten aus, Blut fließt in den Straßen von Städten im Mittleren Osten und Afrika, aber das ist kein Grund zur Sorge – wir haben jetzt einen „Atrocity Prevention Board“ („Gräuelverhinderungsrat“)! Na, fühlen Sie sich jetzt nicht viel besser?

Den Vorsitz dieses Rats führt die berüchtigte Samantha Power – deren Befürwortung der „Verantwortung zu beschützen“-Theorie die Unterstützung der Obama-Administration für die islamistischen Rebellen in Libyen zugerechnet wird, und die zur Zeit energisch ein ähnliches Eingreifen in Syrien fordert. Die Ankündigung dieses neuen bürokratischen Kriegsinstruments erfolgte durch Obama anlässlich einer vor kurzem gehaltenen Rede im Holocaustmuseum in Washington, wo der professionelle Kriegstreiber und Israel über alles-Propagandist Elie Wiesel die Gelegenheit nützte, um einen Krieg gegen den Iran zu fordern und der Präsident seinerseits die Einführung neuer Sanktionen gegen den Iran und Syrien bekannt gab.

Die Gräueltaten, die dieser Rat verhindern soll, sind diejenigen, die nicht von den Vereinigten Staaten von Amerika begangen werden: unsere Gräueltaten sind in Wirklichkeit „humanitäre Handlungen,“ wie Sie verstehen werden, im Gegensatz zu deren Gräueltaten, die ... nichts sind als halt einfach Gräueltaten alten Stils. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die kaltblütige Ermordung von hunderttausenden Irakern, die durch die Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika vor dem Einmarsch getötet wurden, keine von jenen Gräueltaten ist, um die sich der Rat kümmern würde. Genauso wird das natürlich auch die vielen tausend irakischen Zivilisten betreffen, die im Krieg um ihr Leben gebracht wurden.  

Nein, in Frage kommen die Handlungen von Regierungen, die sich unserem Willen nicht beugen, wie Iran und Syrien. Obama hob Südsudan und Libyen als Meilensteine dieser Politik der „Verhinderung von Gräueltaten“ hervor – Libyen, dessen islamistische Regierung die Menschen einsperrt, umbringt und unterdrückt, und Südsudan, eine gemachte „Nation,“ die ihre bloße Existenz westlicher Intervention verdankt, sperrt routinemäßig Oppositionelle und Journalisten ein und ist derzeit damit beschäftigt, regionale und Stammesaufstände in der Mehrheit ihrer Provinzen niederzuschlagen (mit unserer Hilfe, da können Sie sich sicher sein).

Die Gräueltaten, die solche Schmalspurdespoten wie Bashar al-Assad und die iranischen Mullahs betreiben, sind nichts im Vergleich zu den großflächigen Kriegsverbrechen, die die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan und Pakistan begehen. Unsere Drohnen durchstreifen die Welt, verwüsten Unschuldige und „Terroristen“ gleichermaßen – aber das sind keine „Gräueltaten.“ Das ist „Terrorismusbekämpfung.“ Das ist es, wie der weltweit größte Verursacher von Gräueltaten dazukommt, einen „Gräuelverhinderungsrat“ einzurichten, ohne von der ganzen Welt ausgelacht zu werden.   

Woher kommt denn die Befugnis, einen solchen Rat einzurichten? Ein solcher wird in der Verfassung nicht erwähnt – aber schließlich will man ja kein „Verfassungsfundamentalist“ sein, nicht wahr? Lassen wir das also und gehen wir über zur nächsten Frage: Hat der Kongress jemals die Schaffung eines solchen Rates beschlossen? Wen kümmert´s, ob er´s tat oder nicht? Wir brauchen nämlich keinen Kongress, um einer Kriegserklärung zuzustimmen, ehe der Präsident die Truppen schickt – das kann dieser alles aus eigenem tun. Immerhin ist er der Kaiser, der Oberbefehlshaber, der Große Führer, dessen Wille zum Gesetz wird, sobald es um Außenpolitik geht. Die Gründer mögen sich im Grab herumdrehen, aber wen interessieren diese alten weißen Rassisten überhaupt? Diese wären außer sich mit so vielem, das wir als ganz normal betrachten, dass sie genauso Aliens von einem anderen Stern sein könnten: wir können ihre eingebildeten Vorhaltungen getrost vergessen. 

Ja, wir leben in einer schönen neuen Welt, wo der Führer mit einem Federstrich eine völlig neue Regierungsabteilung für die Spionage in Übersee schaffen kann – den „Defensive Clandestine Service“ (Verteidigungs-Geheimdienst), der zweifelsohne mit dem Gräueltatenverhinderungsrat , der CIA, der DIA und den ganzen Buchstabensuppenagenturen, aus denen die Regimewechselmaschine besteht, die lautstark auf Touren kommt. Gemeinsam bilden diese Papierklauber, Politpostenbesetzer und Rüstungspartner einen beachtlichen Apparat, gut geölt mit Milliarden unserer Steuerdollars, um die „Wohltaten“ der amerikanischen Hegemonie über die ganze Welt zu verbreiten: das ist „Globalisierung“ für dich! Alle ohne Verantwortung, arbeiten im Geheimen und loyal nur sich selbst gegenüber und der Bande von Dieben und Opportunisten, die zufällig gerade die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika anführt.

Täuschen Sie sich nicht: der „Gräueltatenverhinderungsrat” ist ein Propagandainstrument, nicht für ein Publikum im Ausland – das nicht so dumm ist, die fadenscheinigen Rationalisierungen unserer Bürokraten ernst zu nehmen – sondern für die Wähler in den Vereinigten Staaten von Amerika und insbesondere die Politik machenden Eliten. Sie sind also nicht dieser Meinung, dass wir im Land X intervenieren sollen, um es vor der Plünderung durch den Diktator Y zu schützen? Aber der Gräueltatenverhinderungsrat hat doch festgestellt, dass eine massenhafte Gräuelaktion in wenigen Tagen stattfinden wird – was sind Sie, ein herzloser „Isolationist“?

Auf diese Weise wird die Kriegsmaschinerie vorbereitet, die öffentliche Meinung wird gezähmt und die amerikanische Agenda – weltweite Vorherrschaft – wird durchgesetzt, ohne dass sich ein Protest hören lässt.

Die Scheinheiligkeit und Doppelbödigkeit unserer herrschenden Eliten ist grenzenlos, und sie schrecken nicht zurück vor orwell´scher Ausdrucksweise: wer würde denn einen „Gräuelverhinderungsrat“ einrichten, wenn er selbst der größten Begeher von Gräueltaten auf der Erde ist? Dazu braucht es wirkliche Chuzpe, die ja in Washington D.C. reichlich vorhanden ist. 

     
  erschienen am 25. April 2012 auf > www.antiwar.com > Artikel  
  Archiv > Artikel von Justin Raimondo auf antikrieg.com  
 
siehe auch im Archiv:
  Marjorie Cohn - Die „Verpflichtung zu schützen” – Die Fälle Libyen und Elfenbeinküste
 
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