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  Die U.S.-Mietrambos einschränken

Skandal wirft Licht auf Amerikas schmutzige kleine Geheimarmeen in den Kriegen in Afghanistan und Irak

Eric Margolis

Ein spannender Skandal ist in Washington aufgeflogen, der Licht auf die erbärmliche Schattenseite der Kriege in Afghanistan, Irak und Pakistan wirft.

Laut einer Recherche der New York Times und einem Schwall aus undichten Stellen in Washington betrieben das Pentagon und U.S.-Geheimdienste geheime Söldnernetzwerke in Afghanistan, Pakistan („Afpak“) und Irak, um Stammeskämpfer und Nationalisten zu ermorden, die gegen die Okkupation des Westens kämpfen.

Die Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika verbieten Mord und den Einsatz von Söldnern. Aber, wie Cicero sagt, „die Gesetze schweigen in Zeiten des Krieges.“ 

Mike Furlong, ein früherer höherer Beamter im Pentagon, der sich auf dunkle Operationen im Ausland spezialisiert, gründete die Firma International Media Ventures (IMV), angeblich um das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika mit „kultureller Information“ über die afghanischen Paschtunenstämme zu versorgen. Deckname: Operation Capstone.

Zwei obskure orwellianische Einrichtungen des Pentagon, die Cultural Engineering Group in Florida und das Counter-Narcoterrorism Technology Program in Virginia finanzierten Furlong mit US$ 24,6 Millionen. 

Furlong heuerte einen Haufen von ehemaligen Spezial-Einsatzkräfte-Typen und ausgesuchten Strolchen an. Die wirkliche Aufgabe dieser Mietrambos war angeblich die Ermordung von Anführern der Paschtunen in Pakistan und Afghanistan und die Auswahl von Zielen für Angriffe durch Predator-Drohnen der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein weiteres herzerwärmendes Beispiel für den freien Markt am Werk und wie man muslimische Herzen und Hirne gewinnt.

Kurz gesagt eine Variante 2010 der Mafia-Auftragskiller, bekannt als „Mörder Inc.”

Nicht genug damit, laut Berichten waren auch pensionierte CIA-Typen involviert, darunter der großspurige Dewey Clarridge, an den ich mich noch gut aus dem Afghanistankrieg 1980 erinnere. Der IMV-Geschäftsführer kam vom bedeutenden Rüstungslieferanten L-3, der lange an Geheimoperationen beteiligt war.

Dazu kommt noch ein geldgieriger ehemaliger Nachrichtenchef eines größeren TV-Netzwerks, der mich 2003 auf Begehren des Weißen Hauses unter Bush auf die Schwarze Liste gesetzt hatte aufgrund meiner Warnungen, dass es im Irak zu einer Katastrophe kommen werde.

Es ist ungewiss, ob Furlongs Mörder Inc. die Zeit hatte, um den Betrieb aufzunehmen. Ihre Aufdeckung verursacht jedenfalls ein gewaltiges Tohuwabohu. In bester Tradition der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich das Pentagon von Furlong distanziert. Gegen ihn läuft jetzt eine polizeiliche Untersuchung.

Das erinnert an den CIA-Agenten Ed Wilson, dessen fürchterlichen Fall ich lange verfolgte. Wilson war von der CIA aufgebaut worden als ableugbarer „Unabhängiger“, um Waffen und Sprengstoffe nach Libyen und Angola zu verschieben. Als dieses Komplott ans Tageslicht kam, wurde Wilson von U.S.-Agenten entführt, aufgrund von Lügen der Regierung verurteilt und lebendig in einem Bundesgefängnis begraben.

Der Furlong-Skandal fällt zusammen mit der anwachsenden Kritik am Einsatz von über 275.000 Söldnern (vulgo „privaten Vertragspartnern“) durch die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in Irak, Afghanistan und Pakistan. Diese angeheuerten Revolverleute und Logistikpersonal agieren ohne jede Verantwortlichkeit, gesetzliche Grundlage oder Kontrolle.

Private Söldnerfirmen wie Xe (früher Blackwater) und DynCorp haben Vermögen erwirtschaftet durch den Betrieb von privaten Armeen für die Vereinigten Staaten von Amerika. Sie befinden sich unter den bedeutenderen Geldgebern des rechtesten Flügels der Republikanischen Partei. Zutiefst beunruhigte Bürger bezeichnen dieses Potential an Privatarmeen als Braunhemden im Stil der 1930er Jahre.

Erstaunlicherweise unterstanden die U.S.-Spezialkräfte in Afpak bis zu diesem Monat nicht dem Kommando des Oberbefehlshabers General Stanley McChrystal. Sie unterstanden offensichtlich seinem Rivalen, dem Chef des Zentralkommandos General David Petraeus in Tampa. Die UNO berichtet, dass diese Rambos herumtobten, nach Belieben töteten und Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung begangen haben. 

Zum Ärger des Pentagons betreibt die CIA ihre eigenen paramilitärischen Killereinheiten und Drohnen-Mordoperationen, deren Opfer nach pakistanischen Medienrecherchen zu 90% Menschen aus der Zivilbevölkerung sind.

Die Paramilitärs der CIA berichten nur nach Langley (Sitz der CIA-Zentrale), das mit dem Pentagon nicht spricht. Pakistans schwache Regierung wird nicht einmal im Vorhinein informiert über Predatorangriffe und Mordaktionen auf ihrem eigenen Territorium. 

Wieviele der 15 anderen Geheimdienste der Vereinigten Staaten von Amerika betreiben ihre eigenen illegalen Privatarmeen? Dazu kommen noch Spezialeinheiten der NATO, einschließlich Kanadas, deren Operationen noch völlig im Dunklen bleiben.

Die Vereinigten Staaten von Amerika brandmarken alle al-Qaida-Verdächtigen und Taliban als „illegale Kämpfer“ und verweigern ihnen ordentliche Rechtsverfahren und den Schutz der Genfer Konvention für Kriegsgefangene. Es sei in Ordnung, solche „Terroristen“ umzubringen und zu foltern, sagt Washington.

Was ist dann mit der Armee der Söldner-Rambos der Vereinigten Staaten von Amerika, die Amok laufen, keine Uniform tragen, nach Belieben morden und keiner gesetzlichen Aufsicht unterstehen?

 
     
  erschienen am 21. März 2010 in der TORONTO SUN > http://www.torontosun.com/comment/columnists/eric_margolis/2010/03/19/13294636.html  
     
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